Nicht nur Patienten in Krankenhäusern oder sozialen Einrichtungen hilft die Kraft des Humors, neuen Mut und neue Zuversicht zu sammeln. Auch in Krisen- oder Katastrophengebieten kann es ein Lachen sein, das nach der Grundversorgung eines der größten Wunder und Geschenke ist. Denn auch - und besonders - in seiner tiefsten Verzweiflung hat der Mensch das Bedürfnis nach Freude und Glück.

Deshalb bringen die Clowndoctors der Roten Nasen ab sofort auch in jene Gebiete der Welt ein Lachen, in denen dringend gebraucht wird. Speziell ausgebildete Clowns des neuen Programms "Emergency Smile" begeben sich in enger Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen in Krisen- und Katastrophengebiete und setzen die Kraft des Humors ein, um Momente des Aufatmens und der Hoffnung zu ermöglichen.

"Schon ein kurzer Blick in die Nachrichten genügt, um zu sehen, wie viel Traurigkeit, Leid, und Hoffnungslosigkeit es auf unserer Erde gibt - ob in Ländern, wo Armut und Krankheit die Macht übernommen haben oder in den vielen Kriegsgebieten dieser Welt. Hier möchten wir mit unserem Kriseninterventionsteam die Menschen stärken und ihnen neuen Lebensmut schenken", sagt Monica Culen, Geschäftsführerin der Rote Nasen Clowndoctors International.

Vor dem neuen Programm gab es nur punktuelle Einsätze der Roten Nasen in Krisengebieten. Alles begann 1999, als fünf Clowndoctors in eines der damals größten Flüchtlingslager des Kosovo-Krieges reisten. 2011 startete die Clownarbeit in Palästina, die hier mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist. Im selben Jahr betreute das Rote Nasen Team in Neuseeland wochenlang Opfer und Einsatzkräfte nach dem verheerenden Erdbeben in Christchurch.

Foto: Rote Nasen

"Anfangs plagten uns Zweifel und Ängste, dass unsere Clowns in einer derartigen Umgebung völlig fehl am Platz sind, ja fast provokant wirken könnten. Aber wir wurden eines Besseren belehrt", sagt Giora Seeliger, künstlerischer Leiter der Roten Nasen. "Menschen in Notsituationen brauchen neben Medikamenten, Schlafplätzen und ausreichend Nahrung vor allem eines: Zuversicht und Momente, die ihren Hunger nach Lebensfreude stillen."

Der erste Einsatz führte das das Team mit Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) nach Akonolinga in Kamerun. Hier verbrachten drei Clowns aus drei Ländern insgesamt 18 Tage mit Erwachsenen und Kindern, die an der schweren Tropenkrankheit Buruli-Ulkus leiden.

Foto: Rote Nasen

Es handelt sich dabei um eine infektiöse Erkrankung der Haut und Weichteile mit Bildung zum Teil ausgedehnter und schmerzhafter Geschwüre. Erreger ist das atypische Mykobakterium (MOTT) Mycobacterium ulcerans, das mit den Erregern von Tuberkulose und Lepra verwandt ist. Weil ausschließlich Menschen in den ärmsten Regionen der Welt daran erkranken, wird diese Krankheit weitgehend von der Forschung vernachlässigt - die Entwicklung neuer Therapien würde sich wirtschaftlich nicht lohnen.

Die Behandlung der großflächigen Geschwüre ist sehr aufwendig und schmerzvoll und kann bis zu 16 Monate dauern – nicht nur eine physische, sondern auch eine psychische Herausforderung für die vorwiegend jungen Patienten. Sie waren die ersten, die das Rote Nasen-Team besucht hat. Dabei galt es nicht nur, Fröhlichkeit und Lebensfreude in den tristen und schmerzhaften Alltag der Patienten zu bringen, sondern auch spielerisch über die Infektion und die Therapie der Krankheit zu informieren.

Foto: Ärzte ohne Grenzen

"Wir haben uns viele Monate auf die Clownarbeit in Akonolinga vorbereitet. Wir besuchen fremde Länder mit anderen Kulturen, die Clowns müssen hier sehr genau Bescheid wissen, um ihren Humor richtig und wirkungsvoll einsetzen zu können", sagt Projektleiterin Karola Sakotnik. Darüber hinaus galt es, sich ein gewisses medizinisches und politisches Know-how anzueignen. Je nach Einsatz könne dies lebensnotwendig sein, so die Projektleiterin.

"Die Zeit in Ankonolinga war voll mit neuen Eindrücken und Herausforderungen. Wie waren sehr unsicher, ob und wie unser Humor ankommen wird. Werden die Menschen vielleicht andere Erwartungen und Bedürfnisse haben? Aber es ist immer wieder erstaunlich, was die Figur des Clowns vermag und welch einzigartige und persönliche Erlebnisse dadurch möglich werden", sagt Clown Christophe Dumalin.

Er erzählt von einem 11-jährigen Mädchen, das allein und voller Sorge um ihre kranke Mutter war. "Dann musste die Kleine operiert werden. Wir haben sie zu ihrer Hauttransplantation begleitet und die Zeit vor der OP mit ihr verbracht, gemeinsam gesungen und getanzt. Von da an waren wir einander sehr nah, wie gute Freunde. Als Begegnungskünstler man als Clown mit Menschen auf sehr emotionaler und purer Ebene ganz ohne Barrieren in Kontakt", sagt Dumalin.

Foto: Rote Nasen

Die nächsten Einsätze sind noch nicht fixiert, gehen aber voraussichtlich nach Kirgisistan und Swasiland. Hier wird sich das Kriseninterventionsteam mit der roten Nase vorwiegend auf Tuberkulose- und HIV-Patienten konzentrieren, wobei Aufklärung und Vorbeugung eine zentrale Rolle spielen werden. Wie die bisherigen Erfahrungen in Krisengebieten gezeigt haben, benötigen auch Angehörige und Einsatzteams sowie das Pflegepersonal besondere Zuwendung und die Kraft des Humors - dies wird daher zukünftig ein weiterer Schwerpunkt von Emergency Smile sein. (red, derStandard.at, 25.10.2013)

Foto: Rote Nasen