Henriette Rois serviert, was sie am Holzofen kocht, während ihr Mann Hans die Greißlerei betreut - oder auf die Jagd geht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Rindfleisch: kernig-mürb, gut abgelegen - von Kühen, die auf den umliegenden Almen geweidet haben.

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Dass Hans Rois in diesen Tagen seinen Siebziger feiert, macht auch keinen Unterschied: Er wird wie jeden Morgen die Greißlerei aufsperren, um den Einwohnern von Mönichkirchen mit frischen Semmeln, Aufschnitt und Obst, aber auch mit Hirschtalg, Dosenfisch und Haarshampoo sowie, bei Bedarf, mit dem einen oder anderen Jagdgewehr und ein paar Süßigkeiten (darunter natürlich Brausezuckerln um fünf Cent das Stück) zur Verfügung zu stehen.

Seine Frau Henriette wird derweil in der Küche zu Werk gehen, den Holzofen einheizen, um alsbald frisch gezogenen Apfelstrudel einzuschieben, ein Blech mit Schinkenschöberln für die Suppe oder die berühmten Krautrouladen.

Wie vor 40 Jahren

Irgendwie ist dieser Glücksfall von einem Gasthof mit angeschlossenem "Kaufhaus" nämlich aus der Zeit gefallen, weshalb er sich auch heute noch ziemlich exakt so präsentiert, wie es wohl vor 40 Jahren war, als das Ehepaar Rois den Betrieb von den Eltern übernahm. Wobei: Die angeschlossene Kohlenhandlung gibt es heute nicht mehr, auch die Tankstelle wurde irgendwann nicht mehr weitergeführt.

Der Rest aber wirkt auf sehr erfreuliche Weise surreal, wie ein Traum aus dem man plötzlich in der eigenen Kindheit wieder erwacht. Zuvor empfiehlt es sich aber, anzurufen und zu reservieren, die Herrschaften sind schließlich nicht mehr die Jüngsten. Außerdem lässt sich so auch das Backhendl (legendär) ordern, das es nur nach Vorbestellung gibt.

Aber schön der Reihe nach. Die Suppe wird wie je aus einem riesigen Topf am Herd geschöpft, ein fettäugiges, liebstöcklduftiges Labsal, in dem sich herrlich eiflaumige Schinkenschöberln tummeln, oder auch Fritatten der richtig butterigen Art. Nach so einer Suppe wäre es eine Dummheit, nicht auch das Rindfleisch (Bild unten) zu probieren, kernig-mürb und gut abgelegen, von Kühen, die auf den umliegenden Almen geweidet haben, bevor, wie es sich gehört, der Fleischhauer im nahen Aspang ihnen zum Schicksal wurde. Dazu gibt es ein Kürbiskraut, das in seiner zartkümmeligen Molligkeit zum Eingraben einlädt - ja, danke!

Gefühlvolles Schmalzpfandl

Die Krautrouladen, nach alter Schule nur mit Schweinefleisch gefüllt und mit schmalzigem, dezent papriziertem Saftl versehen, das noch das Aroma des Holzofens atmet, sind grandios. Und erst das Schnitzel, von in Mutterkuhhaltung gezüchteten Kälbern: hohe Wirtshausperfektion - saftig und keinesfalls zu dünn geklopft, mit krachköstlicher Panier der extraduftigen Art, in tiefem Herbstgold gehalten, wie es nur eine gefühlvoll gehandhabte Schmalzpfanne hervorbringt.

Wohl eines der besten Schnitzeln des Landes, auch wegen des speckigen, nur wenig süß abgeschmeckten Erdäpfelsalats. Das mag alles gut und schön sein, ohne die Nachspeisen, von Kaiserschmarren mit Hollerröster über Salzburger Nockerln und Malakofftorte bis zum Apfelstrudel, wär' es aber nur halb so toll. Die erheben dieses Wirtshausrelikt nämlich endgültig ins Traumhafte. Danke, Herr und Frau Rois - und weiter gute Gesundheit! (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 15.11.2013)