"A. H. als einen megalomanen Bauherrn" zu karikieren beweise die Unfähigkeit Speers, das "Drängen und Wollen des genialen Auftraggebers zu verstehen und künstlerisch zu bewältigen", schrieb Mengele. Speers 1969 erschienenen "Erinnerungen" hätte der "Todesengel von Auschwitz" gerne seine eigenen Memoiren entgegengesetzt. "Mein Leben in einigermaßen gültiger Form schriftlich festzuhalten", dies sei der "eigentliche Sinn meines Restdaseins", schrieb der damals 64-Jährige an seinen Sohn. "Es soll also ein autobiografischer Roman werden, der das Leben eines Mannes erzählt, der von seiner Zeit in besonderer Weise geprägt wurde", so Mengele, der von 1943 bis 1945 in Auschwitz Menschenversuche anstellte und Zehntausende in die Gaskammern schickte. Er hoffe, über sein Projekt in "wirklichen (geistigen) Kontakt" mit seinem Sohn zu kommen.
Doch daraus wurde nichts. Bei seinem Brasilien-Besuch stellte Rolf Mengele 1977 fest, dass sein Vater weder Reue zeigte noch in der Lage war, über seine Kriegsjahre zu sprechen. Zu dem Zeitpunkt lebte er bereits 17 Jahre unbehelligt in São Paulo, zuletzt unter der Identität des Österreichers Wolfgang Gerhard.
Der frühere Hitlerjunge Gerhard hatte 23 Jahre lang in Brasilien gewohnt und Mengele 1960 unter seine Fittiche genommen. Nach zehn Jahren in Argentinien war der SS-Scherge über Paraguay nach Brasilien gekommen. In einem Brief des inzwischen heimgekehrten Gerhard vom November 1974 findet sich der "gar nicht so abwegige" Vorschlag an Mengele, "nach Österreich zu kommen und unabgesehen jeglicher Bedenken ein neues Leben zu beginnen".
Auch daraus wurde nichts: 1976 flog er auf Mengeles Kosten nach São Paulo, um den Personalausweis zu verlängern. Danach öffnete er die laminierte Karte und ersetzte sein Foto mit dem des kränkelnden Mengele.