Die de facto kalte Enteignung ausländischer Landwirte in Ungarn ist vielleicht nur ein Pinselstrich im antieuropäischen Sittengemälde des Viktor Orbán. Da fällt schon mal die Polizei über die Sitze kritischer Vereine her, als wären sie Hauptquartiere von Drogenbaronen. Für den größten - und unangepassten - privaten TV-Sender setzt man einen eigenen, wirtschaftlich desaströsen Steuersatz fest. Wahlgesetze werden nach den Bedürfnissen des Regierungschefs geändert. Bei all dem darf man sich nicht wundern, wenn österreichische Landwirte aus ihren erworbenen Rechten geworfen werden.

Es ist schon unfassbar, wie sich die europäischen Partner von Orbán und seinen Leuten an der Nase herumführen lassen. Wenn Bundespräsident Heinz Fischer heute, Mittwoch, in Budapest seinen Amtskollegen János Áder besucht, so muss er wissen: Áder unterzeichnet am Ende jedes Gesetz, das ihm Orbán vorlegt. So war es auch bei jenem Bodengesetz, auf dessen Grundlage die ausländischen Landwirte nunmehr entrechtet werden.

Orbán sieht sich durch die bisher harmlosen Reaktionen der Europäer in seinen autoritären Anwandlungen nur bestätigt. Schönwetterdiplomatie hilft bei ihm und seinen Leuten schon längst nicht mehr. Fischers Besuch stellt lediglich eine sinnfreie Übung dar, wenn sich Wien nicht vehement dafür einsetzt, auf der europäischen Bühne schwerere Geschütze gegen die Orbán-Regierung aufzufahren. (Gregor Mayer, DER STANDARD, 15.10.2014)