Das Dach einer der Wohnanlagen von Sozialbau bietet an schönen Tagen nicht nur ein Schwimmbad, sondern auch einen guten Blick auf die gesamte Seestadt.

Foto: Robert Newald

Sie ist noch nicht so berühmt wie das Riesenrad oder Schloss Schönbrunn. Aber auch in Deutschland liest man immer öfter über die Seestadt Aspern und ihre innovativen Konzepte, erzählte Ernst Böhm, Gesellschafter des deutschen Gebäudeerhaltungsunternehmens B & O, in seiner Begrüßung. "Sie machen ausgezeichnete Pressearbeit", schloss er daraus.

Aber es gibt auch inhaltliche Gründe, warum man international auf Aspern aufmerksam wird. Die Architektin Silja Tillner, Mitglied im Aspern-Beirat, betonte in ihrem Vortrag die strukturelle Gliederung der Seestadt in belebte und ruhige Viertel. Die Ringstraße sei gleichzeitig Verbindungsglied und Begegnungszone dank einer besonderen Betonung der Erdgeschoßbereiche. Aspern sei als "durchmischte Stadt der kurzen Wege" konzipiert, die gleichzeitig Urlaubsqualität bietet und auch einen attraktiven Ort für Betriebsansiedelungen. "Die Freizeitqualität, die Leute sonst anderswo suchen, wird in der Seestadt geboten", sagt sie.

HoHo, das Holzhochhaus

Entscheidend aber sei auch die architektonische Experimentierfreude, die sich etwa im aufsehenerregenden Projekt "HoHo", dem größten Holzhochhaus der Welt, das ab 2016 errichtet werden und 84 Meter in die Höhe ragen soll. "Unter dem Wachstumsdruck, viele Wohnung zu bauen, darf die Innovation des Wiener Wohn-baus nicht verlorengehen", betonte Tillner.

Ein wichtiger politischer Baustein für Aspern sei das neue Finanzierungsinstrument der Wiener Wohnbauinitiative gewesen, die neben der traditionellen Wohnbauförderung eine weitere Geldquelle eröffnet hat, sagte Wilhelm Zechner, Vizegeneraldirektor der gemeinnützigen Sozialbau, des größten Bauherrn in Aspern. 713 Wohnungen hat die Sozialbau selbst errichtet, die Errichtung von 1600 weiteren Einheiten betreut.

Weder bei der Mietbelastung noch bei der Qualität oder etwa bei den Gemeinschaftseinrichtungen habe es, auch dank des Qualitätsbeirats in Aspern, einen auffälligen Unterschied zwischen geförderten und nichtgeförderten Wohnungen gegeben, betonte Zechner. "Wir hatten immer großzügige Freiheiten, selbst zu entscheiden." Auf der größten Wohnanlage der Sozialbau wurde ein Schwimmbad errichtet, das an den Wohnpark Alterlaa erinnert. Ein zweites Becken steht auf ebener Erde zwischen mehreren Wohnblöcken.

Die Wohnbauförderung erlaube allerdings kaum Spielraum, um Geschäftsmieten im Erdgeschoß flexibel zu gestalten, was aber oft nötig sei, um Mieter anzuziehen. Das gehe nur dank freifinanzier-ter Wohnungseinheiten. Zechners Sorge lautet, dass manche Lokalmieter wieder schließen könnten, wenn die Bewohnerzahl nicht rasch steigt. "Ich hoffe daher, dass die zweite Etappe nicht allzu lang auf sich warten lässt", sagte er.

Gemeinden müssen zahlen

Auf die Tücken der Finanzierung attraktiver Einrichtungen verwies Gunter Amesberger, Planungsdirektor in Linz. "Wer trägt die Kosten für Infrastruktur und Freizeitangebote? Die Gemeinden natürlich, denn die Letzten beißen die Hunde. Aber die Gemeinden haben wenig Geld, gerade in den Ballungszentren", warnte er. "Also greift man zum Instrument der privatrechtlichen Raumordnungsverträge, und die Bauträger überwälzen die Kosten auf die Mieten. Dann haben wir das Problem mit dem leistbaren Wohnen."

Der Ausweg aus diesem Dilemma sei eine höhere Dichte, die dank mehr Bewohnern auch die Finanzierung von mehr Einrichtungen und besserer Infrastruktur ermöglicht. Die "optimale Dichte ist so hoch wie möglich, dass sie gerade nicht auf Kosten der Lebensqualität geht," sagte Amesberger. Auch viele Bewohner seien bereit, dies zu akzeptieren, wenn sie die Vorteile erkennen können.

Die Einstellung zum Thema Dichte habe sich gewandelt. Die Solar City Linz sei etwa Anfang der 1990er-Jahre mit einer Grundflächenzahl von 0,65 festgelegt worden; heute könnte man sie auch mit einer Dichte von eins bauen. Amesberger: "Achten wir auf die Qualität, aber haben wir mehr Mut zur Dichte."

Keine teuren Schwimmbäder

Aber Einrichtungen, die die Wohnzufriedenheit erhöhen, müssen nicht immer teuer sein, sagte Ute Fragner, Bewohnerin der Sargfabrik in Wien-Penzing und Obfrau des Vereins Wohnprojekte, die mitgeholfen hat, die als Gruppenprojekt errichtete Wohnanlage zu einem der innovativsten Wohnquartiere zu machen. "Wir brauchen kein hochspezialisiertes Schwimmbad. Es reichen oft ganz einfache Dinge, wo sich Menschen treffen und die Hände in die Erde stecken können. Das bringt ganz viel Wohlbefinden." (Eric Frey, 17.6.2015)