Die äußere Erscheinung hat etwas von einem SUV, und kramt man in der Renault-Historie, ...

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... gemahnt die Silhouette an den Avantime.

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Innen herrschen Gediegen-, Durchdachtheit und ein Hauch von Avantgarde.

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Aufgrund dramatischen Begehrlichkeitswandels denkt Renault das Konzept Minivan erstmals in Richtung SUV. Ergebnis: Plötzlich interessieren sich Menschen für den großen Raumfranzosen, die noch nie an einen Espace gedacht haben. Die eine Hälfte der Übung – Eroberungskundschaft – ist also schon mal gelungen. Die andere Hälfte, bisherige treue Kundschaft halten, wird der schwierigere Teil. Zumal in Österreich auch ein zugkräftiges Argument entfällt: Vorsteuerabzug.

Auf der Suche nach dem verlorenen Raum (frei nach Marcel Proust) wird man immer noch ausreichend fündig, und praktisch bleibt der Espace bis zum Abwinken, da merkt man Renaults konzeptionelle Routine. Trotz SUV-Tuchfühlung wird man indes Allrad vergeblich suchen – obwohl die Plattform, auf der auch Nissans Qashqai steht, dies zuließe.

Fairer Handel: Was an Raum verloren ging, gewinnt man an Zeit, die man im Espace verbringen möchte. Das Interieur ist nämlich eine der ganz großen Stärken dieses ganz großen Renaults. Leder, Holz, Alu, Lichteffekte, ein Ambiente zum Schwelgen, für bis zu sieben Insassen. Zwei Clubfauteuils vorne für die große Fahrt, zum Beispiel von Wien in die Bretagne, drei bequeme Einzelsitze dahinter – und zwei Notfallsitze in Reihe drei, für die etwas kürzere Reise, etwa an die Mole West nach Neusiedl, nur um rasch den Flaggschiffcharakter zu unterstreichen.

Neue Benutzerlandschaft

Sie haben viel Zeugs dabei, groß und klein? Immer her damit, der Espace hat für alles das richtige Fach; besonders auffällig ist die ausfahrende große Schublade anstelle des Handschuhfachs. Sehr durchdacht auch der Kofferraum – soll der vergrößert werden, drückt man links hinten auf die entsprechende Taste, schon legt er sich hin, der Sitz Ihrer Wahl.

Völlig neu gestaltet und gründlich aufgeräumt wurde die Benutzerlandschaft. Die wichtigsten Fahrfunktionen wanderten ins Multifunktionslenkrad, das machen andere auch so, der Rest ins aufgestellte fahrzeugmittige Tablet, wobei, ganz ehrlich: sieht cool aus, ist aber bei Touchscreennutzung wenig anwenderfreundlich. Da bleiben wir lieber beim selbsterklärenden Dreh-Drück-Bedienknopf, der als willkommene Redundanz ebenfalls an Bord ist.

Wo wir schon das Lenkrad in Händen halten, fahren wir doch eine Runde. 160 Diesel-PS wurden dem Standard anvertraut, kombiniert mit dem 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, folglich das Topmodell aus Selbstzündersicht, und die effiziente Vierradlenkung war ebenfalls dabei – sie macht dieses Trumm Auto erstaunlich agil, fühlt sich bei Langsamtempo aber etwas eckig an.

Super komfortables Ding

Erster Fahreindruck? Sänfte. Super komfortables Ding, ganz in französischer Tradition des Verschaukelns – Pardon: des meisterhaft behutsamen Verbringens von A nach B. Für sportivere Momente hält Renault eine Taste hinterm Dreh-Drück-Knopf parat, die wie eine Schneeflocke aussieht, aber nicht zum verfrühten Wintereinbruch führt, sondern zum Gourmetmenü in fünf Modi: zur Wahl der Fahrwerksabstimmung.

"Sport" steht ganz oben links, und das wählen wir jetzt an. Sogleich schärft sich alles an: Fahrwerk wird straffer, Lenkung und Gasfeldkennung direkter, das digitale Zentralinstrument färbt sich draufgängerisch rot ein – und da sind dann plötzlich auch alle vorhin noch gesuchten 160 PS da.

Fazit? Bestes derzeit aus Frankreich kommendes Auto. (Andreas Stockinger, 5.8.2015)