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"Dankeschön": Flüchtlinge am Samstag bei Ihrer Ankunft am Wiener Westbahnhof.

Foto: APA / HERBERT PFARRHOFER

Samstagvormittag am Westbahnhof: Der Zug aus Ungarn fährt extra langsam ein – aufgrund der Massen an Helferinnen und Helfern auf den Gleisen, die die Flüchtlinge empfangen. Die Menschen steigen aus, einige sind verwirrt und wollen wissen, wo sie sind. Als sie "Vienna" hören, sind sie sichtlich erleichtert, freuen sich und wollen mehr Auskunft. Die meisten fragen: Wie komme ich nach Deutschland? Andere wollen nach Dänemark, Frankreich oder Belgien.

Österreich ist definitiv nur eine Durchreisestation. Aber immerhin eine, in der sie versorgt werden. Nicht nur mit Essen, Gewand und anderen materiellen Gütern, sondern vor allem auch mit einem Lächeln, Herzenswärme und Freude.

Keine andere Möglichkeit

Die ankommenden Menschen sind stark. Alle helfen zusammen – durch die Flucht sind sie zusammengeschweißt worden. Manche brauchen Kleidung, andere wollen kurz mit der Familie telefonieren, wie ein junger Mann mit seiner Schwester, die in Deutschland lebt. Ob ich sie wohl kurz anrufen könnte, fragt er. Ja, ich kann. Und ich kann nicht anders als mitweinen während des Gesprächs.

Ich frage einige, wie es dazu kam, dass sie sich entschieden haben, in Ungarn zuerst zu Fuß Richtung Österreich aufzubrechen. Einige der Jüngeren sagten, sie hatten die Idee und hätten sie verbreitet. Denn es schien keine andere Option zu geben, als sich in Bewegung zu setzen, um ihre Lage zu verändern.

Was tun?

Was für eine Überzeugung, sich nicht aufhalten zu lassen. Sich das Menschenrecht zu holen und Grenzen zu überschreiten, auch wenn die Politik dies nicht so vorsah. Regeln sind von Menschen gemacht, und auch dies haben die Flüchtlinge wieder in Erinnerung gerufen.

Ohnmacht – das Gefühl hatten viele in den vergangenen Tagen. Was kann man tun, wie kann man helfen? Die Ereignisse der vergangenen Tage zeigen uns, dass die Vergabe von Visa und die Grenzsicherung infrage gestellt werden müssen.

Flüchtlinge sind keine unmündigen Objekte, sondern Subjekte, die sich selbst ermächtigen und ihre Realität verändern – und um ehrlich zu sein, auch unsere. Wir lernen von ihnen und können dankbar sein, dass sie unsere Stadt ein Stück weit menschlicher gemacht haben, dass wir alle wieder mehr zusammengerückt sind und dass die Hetzer immer leiser werden. Denn unsere Stimmen sind lauter. (Amani Abuzahra, 7.9.2015)