STANDARD: Sie sind 42 – warum haben Sie wieder mit dem Modeln angefangen?

Michi Schwarz: In erster Linie bin ich derzeit in Karenz, bin Hausfrau und Mutter. Das Modeln funktioniert ganz gut nebenbei. Ich habe beobachtet, wie viele meiner Kolleginnen wieder mit dem Modeln anfingen. Als ich schließlich konkrete Anfragen bekam, hat sich das Weitere organisch ergeben. Es ist nicht mein Traumjob, Model zu sein, und es wird nicht mein Hauptberuf sein.

STANDARD: Ist es nicht ungewöhnlich, in diesem Alter wieder mit dem Modeln zu beginnen?

Schwarz: Ich habe das Gefühl, dass die Nachfrage nach älteren Models steigt. Das sehe ich sehr positiv. Caroline de Maigret ist 40, Kate Moss ist gleich alt wie ich. Es ist wichtig, dass sich auch ältere Frauen von den Bildern der Mode repräsentiert fühlen. Schließlich sind wir es, die die Kleider kaufen, und selten die Zwanzigjährigen. Ich habe es immer als Armutszeugnis empfunden, wenn sich die Mode auf einen Mädchentypus reduziert. Frauen wollen nicht ewig Mädchen, sie wollen Frauen sein.

Der Mantel mit Lederrevers ist von Fendi, das Lederetuikleid von Calvin Klein Collection, die Lederjacke von Petar Petrov, Schnürstiefel Jimmy Choo, Armreifen Ina Beissner, Koffer Bally.
Foto: Stefan Armbruster

STANDARD: In der Mode zelebriert man es regelrecht, wenn man mit Frauen arbeitet, die aus dem Raster jung, dünn, groß und gutaussehend fallen. Fungieren ältere Models als Feigenblätter?

Schwarz: Ich beobachte, dass ältere Models ein oder zwei Saisonen gebucht werden und dann wieder verschwinden. Eine Stella Tennant hat einige große Shows und zwei, drei tolle Editorials gemacht und war dann wieder weg. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass sich derzeit einiges ändert. Immer mehr Menschen haben das Bedürfnis, nicht ewig dieselben jungen Mädchen zu sehen.

STANDARD: Sie haben die Figur einer 18-Jährigen. Das hilft, nehme ich an.

Schwarz: Ich will realistisch sein: Wenn ich einige Kilos mehr auf der Waage hätte, würde ich wahrscheinlich nicht gebucht werden. Es gibt in unserer Gesellschaft ein gewisses Schönheitsideal. Ich finde es schade, dass das nicht weiter gesteckt ist. In erster Linie muss man aber eine Ausstrahlung haben, in den Kleidern gut ausschauen. Es dreht sich nicht alles ums Gewicht.

STANDARD: Wer keine 36er-Kleidergröße hat, hat in diesem Business aber keine Chance.

Schwarz: Was mich ärgert, ist, wenn ältere Frauen auf Girls retouchiert werden. Denken Sie an Julia Roberts in der Lancôme-Kampagne. Mir ist wichtig, dass ich meinem Alter gemäß dargestellt werde. Ich habe Falten, und das ist gut so. Ich finde, man darf die Zeichen der Zeit sehen.

STANDARD: Wann war Ihre Hochzeit als Model?

Schwarz: Ich hatte Mitte der Neunzigerjahre drei gute Jahre. Ich habe viel Laufsteg gemacht, Editorials, Kampagnen. Dieser ganze Model-Lifestyle, das ewige Alleinsein, hat mich aber nicht glücklich gemacht. Ich habe in Paris, dann in New York gelebt. Zuerst war ich sehr beeindruckt. Ich komme aus Innsbruck, das höchste der Gefühle war, Skifahren zu gehen. Dass es eine englische, französische und auch eine deutsche Vogue gibt, davon hatte ich keinen blassen Schimmer.

STANDARD: Was waren die Highlights Ihrer Karriere?

Schwarz: Als ich in New York vor Nadja Auermann die Joop-Modeschau eröffnet habe. Und ich war in der Kampagne von Romeo Gigli zu sehen, damals ein sehr wichtiges Label. Ein anderes Highlight war das 15-Jahr-Jubiläum von Yoji Yamamoto in Sapporo.

STANDARD: Was hat Ihnen die Mode gebracht?

Schwarz: Einen weiten Horizont. Mich fasziniert, wie offen man in der Mode ist. Ich habe gelernt, in der Öffentlichkeit aufzutreten, habe Sprachen und tolle Menschen kennengelernt. Ich bin dem Modeln sehr dankbar für die Möglichkeiten, die sich eröffnet haben.

STANDARD: Sie haben dann die Seiten gewechselt und fast zehn Jahre als Modejournalistin gearbeitet ...

Schwarz: Das Business hat mich nicht losgelassen, obwohl ich es nie wirklich ernst genommen habe. Man muss die Mode mit einem Augenzwinkern nehmen, sonst wird man unglücklich. Ich bin nach Österreich zurückgekommen und habe an der Wiener Angewandten Malerei und später am Royal College in London Design studiert. In diesen Bereichen sehe ich auch meine Zukunft: Neben dem Modeln möchte ich mich wieder mehr der Kunst widmen. (Stephan Hilpold, Rondo Exklusiv, 23.9.2015)


Doppeltes Spiel

In der Nacht sind viele Farben Schwarz. Die Mode hat sich in diesem Herbst Lichtgestalten und Nachtfalken als Hauptdarstellerin ausgesucht. Eine Fotostrecke mit Michi Schwarz.

Michi Schwarz in einer Rüschenbluse von Chanel, Hose: Marc O'Polo Pure, Jackett: Hugo Boss, Ring: Christian Dior.
Foto: Stefan Armbruster
Model Michi Schwarz trägt einen Lackmantel von Christian Dior, einen Faltenrock in Schlangenlederoptik von Miu Miu und einen Spitzen-BH von Agent Provocateur.
Foto: Stefan Armbruster
Blazer und Schuhe von Maison Margiela, Hose Hugo Boss, Lackmantel Bally.
Foto: Stefan Armbruster
Der Mantel mit Lederrevers ist von Fendi, das Lederetuikleid von Calvin Klein Collection, die Lederjacke von Petar Petrov, Schnürstiefel Jimmy Choo, Armreifen Ina Beissner, Koffer Bally.
Foto: Stefan Armbruster
Michi Schwarz in einem Lederkleid von Louis Vuitton.
Foto: Stefan Armbruster
Spitzen-BH, Spitzenbluse und Rock mit Blumen-Applikationen von Dolce & Gabbana, Ledermantel von Bottega Veneta.
Foto: Stefan Armbruster
Das Lederkleid wurde von der österreichischen Designerin Roshi Porkar entworfen, der Armreif und der Ring sind von Ina Beissner.
Foto: Stefan Armbruster
Das Kleid ist von Hugo Boss, der Ledermantel von Calvin Klein Collection, der Ring von Ina Beissner, die Stiefel sind von Dior.
Foto: Stefan Armbruster