In der Nußdorfer Straße gibt es von nun an Street-Food in der Tradition Penangs.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Beim "Set Menu" mit Fokus auf die Straßenküche Penangs gibt es dreierlei Vorspeisen und sieben Hauptspeisen in Häppchenportionen – gleichzeitig serviert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Streetfood, war da nicht irgendwas? Au ja: dezent teigiger Westküsten-Mampf, der aus herzig aufgemascherlten Wohn- und Lieferwägen an willfährige Zeitgeistopfer verabreicht wird – unter dem gestrengen Auge zuwendungsaffiner Marktamtsmitarbeiter natürlich. So zumindest wird das, was von Wenzhou via Lima bis Daressalam in weiten Teilen der gastronomisch zivilisierten Welt von jeher in anarchischer Herrlichkeit auf der Straße feilgeboten wird, im Land des Würstelstands als "Trend" verstanden. Dafür aber in Bioqualität: Wir wissen ja, was gut ist.

Auch das Gastronomenpaar Jin und Fang Loh, bislang für häufig wechselnde, stets mit grandioser Weinkarte versehene Asia-Tempel bekannt, hat mitgekriegt, dass diese Idee jetzt zu uns gefunden hat. Der Unterschied ist halt, dass die beiden aus Penang stammen, jener malaysischen Insel an der Straße von Malakka, die für die Vielfalt kulinarischer Einflüsse gerühmt wird – zu erleben ist sie dort so gut wie ausnahmslos auf Straßenstandln. In der Nußdorfer Straße will Familie Loh einen Eindruck davon vermitteln, wie vielfältig köstlich es sich bei ihr daheim essen lässt.

Das fängt gut an, wenn zum Bier unüblich aromatische Hummerchips aufgetragen werden, als Riesenbletschen im Format 30 × 10 Zentimeter. Die Karte präsentiert sich in zwei Teilen: Beim "Set Menu" mit Fokus auf die Straßenküche Penangs gibt es dreierlei Vorspeisen und sieben Hauptspeisen in Häppchenportionen – gleichzeitig serviert, wie sich das in weiten Teilen Asiens gehört (siehe Bild). Seafood-Curry etwa, mild, in einem hübsch gefalteten Bananenblatt serviert. Oder Riesengarnele, knackig, geschmacklich aber unauffällig: In der Schale gegrillt wäre da mehr hängen geblieben – schade. Hühnercurry, scharf, komplex, zart nussig, ist die wohl spannendste Nummer der Runde und gibt eine schöne Ahnung von jener Herrlichkeit, die auf den Straßen Südostasiens wartet. Geschnetzelte Rinderhuft mit Kräutern und süßsäuerlichem Dressing ist zart, gerät im Vergleich dazu flach wie auch die eher konventionelle knusprige Ente. Viel besser: ein knusprig frittiertes Ei mit fruchtig saurem Tamarinden-Dip. Gemüse kommt im Menü – wie auf der Karte generell – nur in Spurenelementen vor. Nun mag das Konzept fleischlosen Essens in Südostasien außerhalb der Klöster kaum ein Thema sein, im Rahmen so eines Menüs wäre es aber kein Fehler, mit ein bissl Grünzeug für Balance zu sorgen.

Krabben, gehackt

À la carte kann man aus ein paar Dim Sum auf Garnelenbasis wählen, es gibt Wantan-Suppe (sehr gut) und Erwartbares wie Frühlingsrolle als Vorspeisen, eine gute Handvoll Grillgerichte und etwas mehr aus dem Wok. Da sind Highlights dabei, wie etwa die trocken gebratenen und mit viel salziger Fischsauce gewürzten Krabben (Achtung Zuzelphobiker, sehr grob gehackte Karkassen!) oder Ente mit cremigem Gemüsecurry und fettknusprigem, gerade richtig angekokeltem Roti-Fladenbrot. Aber es gibt auch vergleichsweise indifferentes Asia-Food: gerösteten Schweinebauch etwa – laut Karte mit schwarzen Bohnen, die sich auf dem Teller aber in bunte Paprikastreifen verwandelt haben. Jin Lohs berühmt gewordene Peking-Ente in vier Gängen wird wie gehabt als eigenes Menü serviert.

Die große Weinkarte ist verschwunden, stattdessen gibt es eine gute Handvoll mehr als anständiger offener Weine. Stammgäste dürfen aber beruhigt sein: Wer auch weiterhin auf einem raren Bourgogne oder Côtes du Rhône zum Curry besteht, der wird ihn bei Familie Loh in gewohnter Expertise erwarten dürfen. (Severin Corti, RONDO, 25.9.2015)