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Superstar Adele.

Foto: REUTERS/Mario Anzuoni

Der Trick ist, dass man sich nichts anmerken lassen darf. Immer schön locker bleiben, auch dort oben in den nach Erlösung und Himmelfahrt schreienden Refrains, wo die Luft dünn wird – und dort unten, wo die Texte in die Abgründe der Seele lugen. Viele Kolleginnen im Geschäft bemühen sich nach Kräften, ihren Gesang an die dramatisch ondulierten und auftoupierten Frisuren anzupassen. Ein "Uuuu-yeah" hier, ein Kiekser da, jetzt bricht die Stimme oben in der Spannungskurve kunstvoll weg! Schon haben wir den schönsten Soul und den ergriffensten Bekenntnisschlager. Mariah, Whitney, Céline, Cristina, man kennt das.

Adele Adkins, die mittlerweile so berühmt ist, dass man ihren Nachnamen gar nicht kennt, hat das alles nicht nötig. Die schweren Inhalte ihrer von Soul und Gospel getränkten Popsongs kommen ihr mit voluminöser und beinahe unaffektierter Stimme derart leicht über die Lippen, als würde sie noch immer Anfang der Nullerjahre allein mit einer akustischen Gitarre in einem Londoner Pub auf der Bühne sitzen. Zwischendurch wird Bier getrunken und der britischen Vorliebe für derbe Sprache Tribut gezollt.

Von ihrem Debütalbum 19, 2008 beim kleinen Londoner Label XL Recordings erschienen, bis zu ihrem weltweiten Durchbruch mit 21 im Jahr 2011 mit den Hits Rolling In The Deep und Someone Like You war es nur ein Katzensprung.

Die 1988 in London geborene und als Einzelkind bei ihrer Mutter aufgewachsene Adele gilt als erfolgreichste Sängerin des 21. Jahrhunderts. Die an der BRIT School of Performing Arts solide ausgebildete rothaarige Sängerin hat daheim zehn Grammys, einen Oscar und eine Abstellkammer voller weniger wichtiger Preise stehen. Die geschätzten Verkaufszahlen ihrer Tonträger und Downloads bewegen sich zwischen 30 und 50 Millionen Stück.

In den Hitparaden überrundete sie bezüglich Verweildauer und Wirkungsmacht die Beatles und Michael Jackson. Ihr aktueller Hit Hello sorgte bei Youtube für unglaubliche 400 Millionen Zugriffe innerhalb weniger Wochen. Sie ist glücklich mit dem Londoner Geschäftsmann Simon Konecki liiert und seit 2012 Mutter eines Sohnes. Dennoch lebt ihr Geschäftsmodell einzig von einem – vom überlebensgroßen Schmerz, der einen befällt, wenn das Herz gebrochen wird. Davon singt sie auch auf ihrem neuen Album 25. Ihr früherer Boyfriend sollte für so viel Inspiration Gewinnbeteiligung verlangen. (Christian Schachinger, 19.11.2015)