Hakenkreuze und Nazi-Parolen am Schulklo waren in den 80er-Jahren nicht ungewöhnlich, wie Nils Oskamp in seiner Graphic Novel zeigt.

Foto: Panini
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Nils Oskamp, "Drei Steine". € 20,60 / 160 Seiten. Panini Comics, Stuttgart 2016

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Sie heißen Skinhead Erwin, SS-Michi oder einfach Alter Fritz. Sie tragen Springerstiefel, Glatze, Abzeichen mit der Aufschrift "Ich bin stolz, Deutscher zu sein" und marschieren selbstbewusst durch die Straßen. Doch viele der Alt- und Neonazis, die in Nils Oskamps autobiografischer Graphic Novel "Drei Steine" auftreten, leben auch ganz unauffällig im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld der 80er-Jahre: Sie sind Lehrer, Polizisten, Mitschüler, die ganz unverhohlen den Holocaust leugnen, keinen Hehl aus ihrer Bewunderung für den Nationalsozialismus machen oder zumindest die Augen vor der steigenden Gewalt der Rechten verschließen.

Der Illustrator Nils Oskamp war zu dieser Zeit Realschüler in Dortmund-Dorstfeld – und einer der wenigen, die sich gegen die Verbreitung von Nazi-Parolen stellten, den jugendlichen Schlägertypen ihre Meinung sagten und sich damit einigen Ärger einhandelten. In Drei Steine skizziert Oskamp in nachtblau gefärbten Zeichnungen ein Klima der Gewalt, das von der Kontinuität rechter Ideologien, dem Niedergang der Stahlindustrie im Ruhrpott und allgemeiner Ignoranz angeheizt wird.

Mit seinen schlagfertigen Sprüchen führt der Schüler Oskamp die Dummheit der rechten Möchtegern-Recken vor, malt aus Hakenkreuzen auf dem Klo hübsche Häuschen und ergänzt "Deutschland erwache"-Schmierereien auf den Spinden mit "Frühstück ist fertig". "Vaterlandsverräter" ist noch die freundlichste Reaktion, die er dabei erntet. Er wird immer öfter zur Zielscheibe der Neonazis und wird mehrfach krankenhausreif geschlagen. Nils Oskamp wehrt sich schließlich per Anzeige – das Gerichtsverfahren blieb für die Drahtzieher der Angriffe auf ihn aber folgenlos.

Nils Oskamps souverän und unaufgeregt erzählte Geschichte ist kein Einzelfall. Sie dokumentiert, wie die "Alten Kameraden" systematisch Jugendliche für rechtsextreme Organisationen wie die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) rekrutierten und Staat und Bevölkerung der rechten Gewalt nichts entgegensetzten. Dortmund ist bis heute Hort einer gut vernetzten Neonazi-Szene, die immer wieder mit zum Teil tödlichen Anschlägen Schlagzeilen machte, wie die umfassende Analyse der Amadeu-Antonio-Stiftung am Ende des Buches deutlich macht. Nicht zuletzt wurden enge Kontakte der Dortmunder Neonaziszene mit dem NSU-Umfeld nachgewiesen. (kri, 16.7.2016)