Bereits vor einigen Jahren entdeckten Wissenschafter des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien, dass das Enzym CBL-B eine molekulare Bremse für die Abwehr von bösartigen Tumoren im Körper darstellt. Jetzt wurde ein weiterer Mechanismus entdeckt: CBL-B hemmt das Immunsystem auch daran, Infektionen mit Candida-albicans-Pilzen zu bekämpfen.

Die wissenschaftliche Arbeit dazu wurde jetzt in "Nature Medicine" publiziert. Maßgeblich beteiligt waren Wissenschafter des IMBA, der Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Medizin-Universität Wien und der Universität Wien. Die Studien erfolgten im Labor und an Mäusen als Versuchstiere.

"Pilzinfektionen fordern laut Schätzungen jährlich rund 1,5 Millionen Todesfälle. (...) Pilzinfektionen stellen eine schwere gesundheitliche Gefährdung speziell für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem dar wie es zum Beispiel nach einer HIV-Infektion oder bei primären Immundefekten auftritt", schrieben die Wissenschafter. So zum Beispiel verlaufen etwa 40 Prozent der Fälle von Candida-Sepsis tödlich.

Natürliche Killerzellen hemmen

Jetzt haben Gerald Wirnsberger und Florian Zwolanek (IMBA) und die übrigen beteiligten Wissenschafter in ihrer Arbeit entdeckt, dass die sogenannte E3 Ubiquitin-Ligase CBL-B auch eine Bremse für das Immunsystem in der Abwehr von Candida-Infektionen darstellt. In "Nature" hatten Magdalena Paolino (IMBA) sowie Wissenschafter aus Deutschland und Australien bereits 2014 gezeigt, dass CBL-B bestimmte Immunzellen (Natural Killer Cells – NK-Zellen) daran hindert, Tumormetastasen (Melanom, Brustkrebs) anzugreifen. Das Enzym hemmt aber auch andere Abwehrzellen. Die neue wissenschaftliche Arbeit weitet die immunschwächende Wirkung des Enzyms auch auf die Abwehr gegen Pilzinfektionen aus.

Für die Aktivierung der Abwehrkräfte müssen Krankheitserreger, auch Candida albicans-Pilze, zunächst anhand einer typischen Signatur an der Zellaußenwand von sogenannten "Immunorezeptoren" erkannt werden. Dann werden die Abwehrzellen aktiviert.

Die Wiener Wissenschafter konnten jetzt nachweisen, dass das Enzym CBL-B und ein Signalüberträger namens SYK eine besondere Rolle bei der Immunantwort gegen Candida spielen. SYK arbeitet mit dem Immunrezeptor an der Zelloberfläche und leitet das Signal für die gezielte Abwehr gegen den Pilzerreger weiter. CBL-B zerstört hingegen SYK und hemmt die Signalübertragung zur Aktivierung der Abwehrkräfte.

Immunantwort sehen

Die Autoren der Studie bewiesen zunächst, dass Mäuse, bei denen man das Gen für CBL-B ausgeschaltet hatte, sowohl gegen Hautinfektionen mit Candida albicans geschützt waren als auch weniger häufig an den Folgen einer den ganzen Organismus betreffenden Infektion mit den Pilzen starben. Die Tiere zeigten eine deutlich gesteigerte Immunantwort (Entzündungszeichen, Bildung von Sauerstoff-Radikalen und Abtötung der Pilze).

In der Folge entwickelten die Wissenschafter ein Inhibitor-Protein, um das CBL-B-Enzym bei Mäusen gezielt zu blockieren. Eine invasive Candida Infektion konnte dadurch erfolgreich abgewehrt werden, während Mäuse, bei denen CBL-B aktiv war, innerhalb kurzer Zeit der systemischen Candida Infektion erlagen. Theoretisch könnte das der Anfang für neue Therapien gegen invasive Pilzinfektionen bedeuten.

Modulieren und therapieren

"Unsere Forschung ist ein erster Meilenstein zu einer völlig neuen Art der Behandlung gegen Candida albicans: Erstmals können wir die Immunantwort, die durch CBL-B moduliert wird, gezielt lenken.

Diese neuartige Therapiemethode könnte sich als klinisch sehr erfolgreich herausstellen, vor allem in Kombination mit bereits existierenden Therapiemethoden, bei denen nur das Wachstum der Pilze blockiert werden kann", sagte Karl Kuchler von der Meduni Wien zu den Ergebnissen der Arbeit. Das vom wissenschaftlichen Direktor des IMBA, Josef Penninger, mitbegründete Wiener Biotech-Unternehmen Apeiron beschäftigt sich in einem seiner Projekte mit der Entwicklung einer Krebstherapie auf der Basis der Hemmung von CBL-B. (APA, 18.7.2016)