Miriam Fussenegger spielt heuer erstmals die Buhlschaft, Cornelius Obonya sagt als Jedermann hingegen Adieu.

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Salzburg – Cornelius Obonya räumt den Platz. In diesem Sommer gibt der österreichische Schauspieler zum letzten Mal den Jedermann bei den Salzburger Festspielen. "Es ist für mich der Normalfall aufzuhören, wenn diese Intendanz zu Ende geht", sagte er am Sonntag bei einem Pressegespräch in Salzburg; zwölf Stunden zuvor war die diesjährige Wiederaufnahme zu Ende gegangen. Sie fand wie so oft in den vier Obonya-Saisonen aufgrund des oft rigoros einsetzenden Regens nicht auf dem Domplatz, sondern im Großen Festspielhaus statt.

Wenig Spielraum

Alle Aufmerksamkeit wurde da noch der neuen Buhlschaft geschenkt. Ihr oblag es, in einer fertigen Inszenierung von Brian Mertes und Julian Crouch eine Lücke zu füllen: als Rad fahrende, temperamentvolle Buhle, die davor Brigitte Hobmeier mit Bravour aufleben ließ. Viel Spielraum blieb Fussenegger also nicht.

Rangierte die Rolle der Buhlschaft lange Zeit weit hinten im Mittelfeld der vielen Nebenrollen dieses 1920 erstmals in Salzburg aufgeführten Stücks Hugo von Hofmannsthals, so rutschte sie mit der aktuellen Inszenierung (ab 2013) in der Besetzungsliste nach vor an die zweite Stelle gleich hinter die Titelfigur. ("Gott der Herr" rangiert derzeit übrigens an letzter Stelle, wiewohl er auf katholischem Terrain lange Jahre als "Stimme des Herrn" die Liste anführte.)

Gewachsene Bedeutsamkeit

Die symbolische Aufwertung der Buhlschaft ist wohl der Versuch, der (medial) gewachsenen Bedeutsamkeit dieser Partie Rechnung zu tragen. In der Inszenierung selbst gelingt das freilich weniger. Die Buhlschaft muss eine Nebenfigur bleiben, die dem Mann beim Leiden zusieht. Selbst lebhafte Interpretationen wie jene von Sophie Rois, Birgit Minichmayr und Nina Hoss konnten daran nichts ändern. Auch Fussenegger nicht.

Sie agiert als turnfreudige Schönheit im blutroten Bustierkleid, eine Yogaprinzessin, die den älteren Herrn Unternehmer und Hofhalter vielleicht aufrichtig liebt, aber auch keinen Zweifel daran lässt, dass ihr die Rolle des First It-Girls prächtig gefällt. Etwas ordinär nach Lolitamanier rafft sie immer wieder den weit schwingenden Rocksaum und vollbringt artistische Kunststücke, von denen Vorgängerinnen wie Senta Berger oder Marthe Keller unbehelligt geblieben sind. Senta Berger hätte beim Anblick des Verlobungsringes keinesfalls in Ohnmacht fallen können (der Verlobungsring ist übrigens eine Idee des aktuellen Regieduos).

Stehende Ovationen, keineswegs verdient

Schon beim Einzug der Schauspieler mit tanzenden Skeletten und Teufelsmasken gab es Szenenapplaus. Am Ende nach zwei Stunden ließ sich das Publikum zu stehenden Ovationen hinreißen. Keineswegs verdient, denn vieles im Spiel bleibt – auch des Gauklerstils der Inszenierung eingedenk – zu gepresst und hölzern, ein grobes Treiben, das die Sprache recht achtlos hinterherschleppte.

Aus diesem Grund stach eine Szene des Abends besonders hervor. Sie verdankt sich einem weiteren Neuzugang: David Bennent verkörperte als ein aus einem riesigen Marionettenkörper steigender Mammon den Reichtum Jedermanns. Seine bestürzend klare, feierlich aufgeladene Sprache hat man an diesem Abend sonst weitgehend vermisst. (Margarete Affenzeller, 24.7.2016)