Arnika, Almrausch und Speik, Teufelskralle, Enzian und Wundklee, Klappertopf, Gemsheide und Hauswurz – schon die Namen klingen verheißungsvoll. Besonders betörend ist zudem der Duft der Kohlröserl, die zu Hunderten zusammenstehen und intensives Vanillearoma verströmen. Im Sommer sprenkeln unzählige Farbtupfer die Südhänge oberhalb von Sankt Jakob im Defereggental, und mitten durch diesen alpinen botanischen Garten führt der sogenannte Blumenweg Oberseite.

Die Blütezeit des Kohlröserls ist nur kurz – von Juli bis August. Dann aber verströmt die Nigritella einen intensiven Vanilleduft.
Foto: Uwe Grinzinger

Nicht nur zu unseren Füßen gibt es viel zu entdecken. Der Blumenweg ist auch ein erstklassiger Panorama-Höhenweg. Es wäre fast schade, würde man schon am selben Tag wieder absteigen. Wir übernachten daher bei Maria und Roland Waldburger in der sympathisch-kleinen, privat geführten und liebevoll dekorierten Seespitzhütte. Eine Nächtigung ist allerdings nur nach telefonischer Voranmeldung möglich. Anderntags können wir den Panoramablick sogar noch toppen, indem wir hinauf zum Oberseitsee steigen und weiter auf die Seespitze – ein Dreitausender, der im Normalfall keine allzu hohen Anforderungen stellt.

Grünruhelage – der Viehstall auf der Oberseitalm
Foto: Uwe Grinzinger

Von Sankt Jakob wandern wir ins Trojer Almtal hinein; zuerst auf einer Schotterstraße, später auf dem Wanderweg Nr. 313, schließlich wieder auf der Straße. Ein Karrenweg führt schließlich zu einem hölzernen Eingangstor mit der Aufschrift "Alpenblumenweg". Dort überqueren wir den Bach auf einer Brücke. In zahlreichen Kehren führt der Weg nun fast 500 Höhenmeter durch Lärchenwald hinauf, ehe er auf die Südhänge wechselt und den Viehstall auf der Oberseitalm (2298 m) erreicht. Aussichtsreich und ohne große Steigungen verläuft der Höhenweg, vorbei an der Reggnalm – auf der fallweise Almprodukte erhältlich sind – und mehreren Lawinenverbauungen bis zur Seespitzhütte (2327 m).

"Blauäugiger Bergsee" – der Oberseitsee ist von der Seespitzhütte schnell erreicht
Foto: Uwe Grinzinger

Von der Seespitzhütte steigen wir dann hinauf zum Oberseitsee (2576 m), wandern an seinem westlichen Ufer vorbei und queren einen etwas steileren Hang ansteigend. Danach wenden wir uns scharf nach links und steigen, immer nahe des Abbruchs zum See, auf eine Schulter (rund 2880 m). Der Steig führt nun an den Gipfelaufbau der Seespitze heran und quert gut 30 Meter entlang einer Kette in die Südostflanke, ehe es wieder weniger ausgesetzt durch die restliche Flanke hinaufgeht zum Gipfel (3021 m). Auf demselben Weg steigen wir wieder zur Seespitzhütte ab.

Tankstelle – die zahllosen Blüten am Blumenweg Oberseite ziehen nicht nur Wanderer an
Foto: Uwe Grinzinger

Von ihr könnte man direkt nach Sankt Jakob hinunterwandern. Viel schöner ist es aber, den Blumenweg bis zum Ende auszukosten: Bis zur Erlsbacher Alm ist der Weg zwar schmäler und anspruchsvoller als bisher, er entschädigt aber mit Logenblicken auf den eisgepanzerten Hochgall.

Von der Erlsbacher Alm schummelt sich schließlich ein schmales Steigerl über steile Waldhänge hinunter zur Bushaltestelle in Erlsbach. Von dort geht es mit dem Postbus, dem Rufbus – fahren beide eher selten – oder dem Taxi zurück zum Ausgangspunkt. (Uwe Grinzinger, 26.8.2016)