Religion kann für Patienten Ressource sein, aber auch zum Problem werden.

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Es ist eine weit verbreitete Vermutung: Menschen, die körperlich oder psychisch krank sind, finden den Glauben zu Gott. Diese These hat Gereon Heuft, Medizinprofessor der Universität Münster und Direktor der Uniklinik für Psychosomatik und Psychotherapie nun in einer Doktorarbeit im Fach Theologie widerlegt.

Ausgangspunkt der theologischen Doktorarbeit war seine Beobachtung im Klinikalltag, dass sich schwer körperlich Kranke immer häufiger selber ablehnen und einen "selbstbestimmten Tod" als Autonomie idealisieren. Der Forscher befragte rund 1300 Patienten und verglich die Antworten mit einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe. Das überraschende Ergebnis der interdisziplinären Studie: Von den Patienten wird lediglich etwas häufiger bejaht, dass religiöse Fragen eine stärkere Rolle spielen mögen.

Ressource oder Problem

Entgegen dem bekannten Sprichwort lehrt Not insofern weniger beten, denn "suchen", schlussfolgert Heuft. "Religiöse Einstellungen können für unsere Patienten eine Ressource sein – genauso aber können sie aus der Lebensgeschichte heraus zum Problem werden. Umgekehrt sind auch manche nicht religiös gebundene Patienten an religiösen Fragen interessiert", erläutert Heuft.

An die Mitarbeiter von Krankenhäusern appelliert er, den einzelnen Patienten unbedingt in seiner Individualität wahrzunehmen. "Immer mehr Menschen erleben sich hinsichtlich ihres Selbstwertes ganz alleine auf sich zurückgeworfen. Dieser Druck zur Selbstoptimierung kann rasch zum Gefühl einer Unzulänglichkeit führen und die Lebenszufriedenheit massiv beeinträchtigen." (idw, 31.8.2016)