Ein paar Schritte hinterher im Schicksalsspiel: Enis Murati (l.) erzielte sieben Punkte gegen Deutschland.

Foto: APA/Armer

16 Ballverluste waren am Ende einfach zu viel.

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Wien/Bamberg – Die Europameisterschaft 2017 war das erklärte Ziel für Österreichs Basketball-Nationalteam. Nach einer 58:78-Auswärts-Niederlage ist das ÖBV-Team abermals vorzeitig in einer Qualifikation gescheitert.

Von einem Schicksalsspiel war die Rede, es "drohe ein Cordoba" ("Süddeutsche Zeitung"). In Deutschland grassierte nach der peinlichen Niederlage gegen Zwerg Dänemark die Angst vor dem Verpassen der Europameisterschaft. "Jeder, der es mit Basketball gut meint, sollte alle verfügbaren Daumen drücken, damit die Mannschaft die Kuh vom Eis bekommt", sagte der ehemalige Nationalteamtrainer Dirk Bauermann dem "Tagesspiegel". Heftiger formulierte es der im Basketball viel beachtete TV-Kommentator Frank Buschmann per Facebook: Das deutsche Team möge die EM verpassen, damit das große Aufwachen im deutschen Basketball beginnen könne.

Die Kritik richtet sich dabei nicht nur gegen Trainer Chris Fleming, sondern auch gegen eine mangelhafte Betreuung der Nationalteamspieler, gegen schlechte Trainings- und Belastungssteuerung. Klubfunktionäre fürchten, es dauere wohl mindestens sechs Wochen, um die Teamspieler wieder fit zu bekommen für den Ligabetrieb. Der Verband soll die Situation in diesem Sommer unterschätzt haben. Das fing damit an, dass man Chris Fleming eine Tätigkeit als Co-Trainer in der NBA erlaubte, obwohl dieser so das Jahr über seine Nationalspieler nicht live sehen oder besuchen konnte. "Chris ist keine lame duck", sagte Verbands-Präsident Ingo Weiss. Fleming sei voll handlungsfähig und genieße von allen Seiten höchsten Respekt.

Widerstand zu Beginn

Österreichs Teamchef Kestutis Kemzura ist ganz sicher keine "lame duck". Direkt im Anschluss an die bittere Niederlage gegen die Niederlande bliebt er bei seiner Kabinenpredigt ruhig. Deutschland ist die Nummer 29 der Weltrangliste, Österreich teilt sich mit Dänemark Rang 92. Der Gegner ist dennoch verwundbar, sein mangelndes Selbstvertrauen gelte es auszunützen und dabei selbst nicht in alte (ballverlustreiche) Muster zurück zu fallen.

Das gelang zu Beginn vor über 3000 Zuschauern im bayrischen Bamberg recht ordentlich, nach dem ersten Viertel war Österreich auf Kurs: 19:23. Die Center Jozo Rados und Rasid Mahalbasic punkteten immer wieder unter dem Korb, letzterer vergab aber einen für seine Verhältnisse leichten Korbleger mit der Schlusssirene. Nur ein kleiner Schönheitsfehler.

Der jähe Einbruch folgte im zweiten Viertel: Anton Maresch kam wie schon gegen die Niederlande nicht in Fahrt: Ein haarsträubender Ballverlust, zwei Fehlwürfe und auf der Gegenseite liefen die Deutschen Schnellangriffe. 23:34 nach fünf Minuten. Kemzura war fuchsteufelswild, hatte bereits alle taktischen Register gezogen: Beide Auszeiten im Viertel verbraten, fast alle Bankspieler eingewechselt, die Verteidigung umgestellt (auf Zonen-Verteidigung). Österreich fand einfach keinen Rhythmus in der Offensive. Mit seinem dritten erfolgreichen Dreier stellte der 2,11 Meter große Johannes Voigtmann einen Respektabstand her. Halbzeitstand: 28:43. Ein Katastrophenviertel endete mit insgesamt acht mageren Punkten für Österreich.

Aufbäumen, Ende

Nach dem Pausentee gab es ein Aufbäumen gegen die drohende Niederlage. Österreich erzeugte Druck, die Deutschen machten Fehler. Der Jammer: Österreich konnte kein Kapital daraus schlagen. Man rannte immer 12, 13 Punkten hinterher. Murati fightete, provozierte eine Offensivfoul von NBA-Spieler Paul Zipser im Kampf um die Position, im Gegenzug dribbelt sich Maresch auf den eigenen Fuß. Stand nach dem dritten Viertel: 46:58.

Im Schlussakt arbeitete sich Österreich nach drei Minuten an einen einstelligen Rückstand heran, machte seine eigene Arbeit aber wieder mit Ballverlusten zunichte. Die Deutschen wirkten alles andere als gefestigt, Mahalbasic hängte ihnen mit seinen starken Offensiv-Aktionen viele Fouls an. Die Wurfquote von der Dreierlinie blieb im Keller: Drei von Sechzehn. Die Niederlage fiel am Ende mit 58:78 dennoch zu hoch aus.

Österreich verpasst die EM 2017 und muss sich nun für längere Zeit gedulden. Weil der Weltverband FIBA den Modus umgestellt hat, finden Europameisterschaften ab sofort nur mehr alle vier Jahre statt. Das nächste Ziel für den ÖBV könnte die WM 2019 sein, für die sich aber freilich weitaus weniger europäische Mannschaften qualifizieren. Am Samstag (19.00 Uhr) geht es in Naestved im letzten, bedeutungslosen Spiel gegen Dänemark. (Florian Vetter, 14.9.2016)

Basketball-EM-Qualifikation, Gruppe B:

Deutschland – Österreich 78:58 (43:28)
Beste ÖBV-Werfer: Mahalbasic 21, Lamesic 11

Niederlande – Dänemark 98:88 (40:45, 78:78) n.V.

Tabelle:
1. Niederlande 5 4 1 +43 410:367 9
2. Deutschland 5 3 2 +41 413:372 8
3. Österreich 5 2 3 -13 339:352 7
4. Dänemark 5 1 4 -71 406:477 6