162 Liter Kaffee konsumieren die Österreicher im Schnitt im Jahr. Die Ausgaben dafür sind gewachsen.

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Wien – Sie wiegen wenige Gramm, sind Liebling internationaler Konzerne und lassen Umweltexperten schwarzsehen: Kapseln mischen das Geschäft mit der Kaffeebohne kräftig auf. Allein in Deutschland hat sich ihre Zahl seit 2010 auf geschätzt drei Milliarden Stück jährlich verdreifacht. In Österreich bedienen sich bereits 35 Prozent aller Haushalte entsprechender Maschinen. Der Markt dafür wächst rasant. Durch die klassischen Filter rinnt im Gegenzug hierzulande nur noch knapp die Hälfte des Kaffees. Vor zehn Jahren lag dieser Anteil noch bei 80 Prozent.

Die Verbreitung der Kapselmaschinen wird weiter steigen, sagt Harald J. Mayer, Chef von Tchibo/ Eduscho in Österreich – und rechnet sich dafür auch hohes Potenzial für Tee aus. Schließlich liege bei den Konsumenten die unkomplizierte Zubereitung im Trend.

Hart umfochtenes Feld

Tchibo sieht sich in Österreich, was Stückzahlen betrifft, als größter Vertreiber von Kaffeekapseln. Wertmäßig führt freilich Nespresso das hart umfochtene Feld an. Was sich ändern soll, wie Mayer hofft. Im Wettlauf um Marktanteile bringt Tchibo nun Kaffeewürfel unter der Marke Qbo ins Spiel. Sie sind wie beim großen Rivalen nur online oder über eigens dafür geschaffene Filialen zu haben.

In Wien und Linz ist Qbo bereits vertreten und heftet sich Expansion auf die Fahnen. Die Spielerei für Kunden: Die Maschinen dafür lassen sich über Smartphone-App steuern. Der Vorteil für den Konzern: Die würfeligen Kapseln sind derzeit schwer kopierbar.

Gestiegene Ausgaben

Der Boom der Einzelportionen hat den Kaffeeabsatz pro Kopf in Österreich leicht auf 8,8 Kilo jährlich sinken lassen. Mayer erklärt dies damit, dass früher mehr weggeschüttet wurde. Die Ausgaben der Konsumenten für die Bohnen sind zugleich aber gestiegen. Was die kleinen Kapseln zur Cashcow für Industrie und Handel macht.

So euphorisch die Kaffeebranche sie umwirbt, so nüchtern fällt die Bilanz auf anderer Seite aus. "Unnötiger Müll und verschwendetes Geld" sind Attribute, die etwa Johanna Leutgöb, Expertin für Ressourcen der Umweltberatung Wien den Kapseln zuschreibt. So sei Aluminium aufgrund des hohen Energie- und Chemieeinsatzes für Einwegprodukte ein absolutes No-Go. Welcher Anteil recycelt werde, darüber gebe es keinerlei valide Daten. Auch Tchibo beziffert die Retourquoten nicht. In Österreich dürfen die Kapseln nur in Wien in die Metallsammlung. Generell gilt: Für fünf bis sechs Gramm ihres Kaffees braucht es jeweils 1,5 Gramm Verpackung.

Wachsende Müllberge

Leutgöb sieht sich in ihrer Kritik durch eine Ökobilanz der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt bestätigt: Beim Vergleich der Verpackungen und Zubereitung schnitten Lös-, Filterkaffee und die Vollautomaten unter den verschiedenen Systemen am besten ab. Wirtschaftlich rechne sich die Kapsel ihren Berechnungen für Betriebe zufolge nur für kleine Haushalte, die sich zwei- bis dreimal die Woche einen Kaffee gönnen. Abgesehen von wachsenden Müllbergen sei das Ganze bei großen Mengen angesichts von Kilopreisen um die 50 Euro schlicht unrentabel.

Die Kaffeebranche, bemüht um ökologisches und sozialverträgliches Image, reagiert auf die Tadel gereizt. Auch Mayer lässt all diese Einwände nicht gelten: Preisunterschiede seien viel kleiner als dargestellt, versichert er. Aluminium komme bei Tchibo gar nicht zum Einsatz, stattdessen recycelbares Plastik. "Alle Hersteller arbeiten intensiv an Alternativen." Diese seien, wie er unermüdlich betont, nur eine Frage der Zeit.

Stärkere Vermeidung

Die Grünen sind nicht bereit, so lange zu warten. Sie haben heuer im April einen Entschließungsantrag gestellt: Kapseln sollen in Österreich künftig stärker vermieden und besser recycelt werden. Was sie scharf bekritteln: Kaffeekapseln gelten nicht als Verpackung – Hersteller sind somit von der Entsorgungsgebühr befreit.

Ein Österreicher trinkt im Jahr im Schnitt 162 Liter Kaffee. Weltweit konsumieren nur Skandinavier mehr. Mayer geht davon aus, dass die Preise für die schwarze Bohne in den kommenden Monaten anziehen. Grund seien schwächere Ernten in Brasilien und zunehmende globale Nachfrage. Vor allem Asiaten und Osteuropäer als traditionelle Teetrinker finden zunehmend Geschmack an Kaffee. (Verena Kainrath, 29.9.2016)