In den monumentalen Palazzo della Civiltà, in den 1940ern unter Mussolini erbaut, ist 2015 das Headquarter von Fendi eingezogen.

Foto: Fendi / Assouline Publishing

Früher hielt Pelz vor allem warm, heute soll er unbeschwert getragen werden.

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Rüschen und Röcke in Dreiviertellänge: Lagerfeld-Romantik bei Fendi.

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Da steht er, der strahlend helle Klotz, über 200 Löcher verteilen sich auf sechs Stockwerken. Emsig eilen an diesem Vormittag die Mitarbeiter durch die Eingangshalle aus Carrara-Marmor, hoch mit dem Aufzug, raus aus dem Aufzug. Im dritten Stock des Palazzo della Civiltà Italiana sitzt CEO Pietro Beccari auf einem dunklen Ledersofa, smart, braungebrannt, rahmenlose Brille.

Seit 2012 lenkt der Mann, der mal auf dem besten Weg war, Fußballprofi zu werden, das römische Traditionshaus Fendi, das seit 2001 mehrheitlich dem französischen Luxusgüterkonzern LVMH unter Bernard Arnault gehört. Dass heute über 400 Mitarbeiter in der Planstadt EUR an der Peripherie Roms arbeiten, dass das Pelzatelier aus der Via Flaminia ins unterste Geschoß des "Colosseo quadrato" gezogen ist, war Beccaris Idee.

Der ehemalige Louis-Vuitton-Manager hat den Palazzo della Civiltà, einen in Marmor gehauenen Traum Mussolinis, in EUR zum Headquarter des Unternehmens gemacht – ausgerechnet! Rund eineinhalb Jahre lang wurden Millionen in die Renovierung des neoklassizistischen Symbolbaus gesteckt, die kommenden 15 Jahre wird das Unternehmen hier fürstliche Monatsmieten zahlen.

Das ist Fendi der Palazzo della Civiltà trotz dessen faschistischer Vergangenheit wert. Der Bau sei vor allem als starke Architektur und Handwerkskunst zu verstehen, meint Beccari. Denn so umstritten das Gebäude ist, so bekannt ist es. Rom-Reisende nehmen es meist im Vorbeifahren wahr: Wer vom Flughafen Fiumicino in die Stadt einrollt, kommt an dem marmornen Monument mit den Rundbögen vorbei.

Großprojekte

Der Umzug in den Palazzo della Civiltà ist eines der Großprojekte, die Pietro Beccari seit seinem Antritt vor vier Jahren angegangen ist. Der Manager, der vor vier Jahren Michael Burke als CEO abgelöst hatte, krempelte um, ohne die Konstanten des Hauses infrage zu stellen: Karl Lagerfeld, mittlerweile 83, ist seit 1965 Chefdesigner der Fendi-Damenlinie. Silvia Fendi, Enkelin von Firmengründerin Adele Fendi, geborene Casagrande, steht seit über zwanzig Jahren als Co-Designerin an seiner Seite und ist nebenbei verantwortlich für Accessoires, Lederwaren und die Männerlinie.

Gleichzeitig haben sich hinter den Kulissen die Eigentumsverhältnisse seit der Jahrtausendwende völlig verschoben. Die zweite Generation Fendi, die fünf Schwestern Paola, Anna, Franca, Carla und Adele, hat 1999 51 Prozent des Unternehmens zu gleichen Teilen an das italienische Modeunternehmen Prada und den Luxusgüterkonzern LVMH verkauft. Zwei Jahre später übernahm LVMH den Anteil von Prada, zwischen 2002 und 2007 wurden die verbleibenden Anteile der Fendi-Familienmitglieder aufgekauft.

Von den fünf Schwestern, die vor fünf Jahrzehnten Lagerfeld engagierten, um dem Pelz die Schwere und Behäbigkeit zu nehmen, wird dennoch gerne erzählt. Familiengeschichten sind das Salz in der Suppe der Großkonzerne. Beccari ist dafür da, solche Geschichten zu transportieren. Und das kann er.

Pelzoffensive

Es läuft in letzter Zeit so gut für das italienische Unternehmen, dass LVMH-Chef Bernard Arnault die Zahlen von Fendi hervorhob: 2015 habe das Haus über 20 Prozent Wachstum verzeichnen können. Die Zahlen erzählen viel über die aktuellen Entwicklungen in der Modebranche. In der Öffentlichkeit ist das Thema Pelz umstritten, in der Mode wird es wieder offensiv angegangen. Denn mit Pelzen ist Geld zu machen: In den letzten Jahren haben sich laut der International Fur Trade Federation (IFTF) die Pelzverkäufe weltweit mehr als verdoppelt, in China ist die Nachfrage besonders hoch.

Und Fendi? Zeigte 2015 anlässlich des 50. Lagerfeld'schen Dienstjubiläums in seiner ersten "Fourrure"-Modeschau in Paris handgefertigte, hunderttausend Euro schwere Pelzmäntel – von Fuchs bis Nerz. Die Pelzgegner protestierten. Aber die bringen einen wie Beccari nicht aus der Ruhe: Er respektiere den Standpunkt der Tierschützer – dafür erwarte er, dass seine Meinung auch respektiert würde, die Pelze stammten alle aus zertifizierten Betrieben, Ende der Debatte.

Die zweite "Fourrure"-Show jedenfalls folgte auf dem Fuß. Anlässlich des 90. Jubiläums marschierten vor dem Geplätscher des Trevi-Brunnens, von dem italienischen Modehaus für über zwei Millionen Euro restauriert, 46 Models über einen transparenten Laufsteg.

Beccari, geboren in Parma, will mit der Inszenierung des römischen Erbes die Identität des Traditionsunternehmens stärken und hinaus in die Welt tragen – von Hongkong bis zum neuen Standort Wien. Und so macht sich Fendi stückweise den öffentlichen Raum der italienischen Hauptstadt zu eigen. Das "FF"-Logo von Fendi hat Beccaria bereits gegen den Schriftzug "Fendi – Roma" ausgetauscht, im Frühjahr wurde in Rom mit großem Tamtam der Palazzo Fendi – einen Steinwurf von der Spanischen Treppe entfernt – als Vorzeigeboutique eröffnet.

Zur Eröffnungsparty wurde der internationale Modejetset von der Pariser Modewoche nach Rom eingeflogen. "Es geht darum, Erlebnisse zu kreieren, einen Lifestyle zu verkaufen", erklärt Beccari auf seinem Ledersofa im Palazzo della Civiltà.

Dass es bei Fendi längst um mehr als nur Kleider, Taschen, Pelze geht, dass die Vorzeigeboutique nahe der Spanischen Treppe mehr sein will als ein simpler Shop, ist unschwer erkennbar: Auf den ersten beiden Etagen hängen die Modekollektionen und die Handtaschenbestseller. Im zweiten Stock ist ein Pelzatelier durch eine Glaswand einsichtig, darüber stapeln sich sieben Hotelsuiten und das japanische Restaurant Zuma. Berührungsängste sind für einen wie Beccari eben ein Fremdwort. Fendis It-Handtaschen und Nerzmäntel lassen sich mittlerweile sogar auf der Fendi-Website shoppen. (Anne Feldkamp, RONDO, 14.10.2016)