Im steirischen Bad Blumau wachsen die Glashaustomaten bereits. Die dortige Bürgerinitiative wehrte sich vergebens dagegen. Im burgenländischen Frauenkirchen kämpft sie noch.

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Frauenkirchen – Wer von Podersdorf nach Frauenkirchen kommt, sieht von weitem schon die Türme der Wallfahrtsbasilika. Demnächst aber auch ein rund sieben Meter hohes Glashaus. Ein solches will der Gemüseproduzent Perlinger aus dem nahen Wallern – Werner Perlinger wurde heuer zum burgenländischen Manager des Jahres gekürt – hier errichten.

Der Gemeinderat hat das Grundstück mit der absoluten Mehrheit der SPÖ unlängst umgewidmet. Eine Bürgerinitiative kämpft dagegen und hofft, das Verfahren bei der Landesregierung – wo das Projekt erst endgültig abgesegnet werden muss – noch umkehren zu können. Die Sache muss durch den Raumplanungsbeirat (nächster Sitzungstermin ist der 4. Dezember) gehen. Politisch ressortiert das alles im Landeshauptmannbüro, bei Hans Niessl, der einst Bürgermeister von Frauenkirchen gewesen ist.

Unterschriften für Abstimmung

Vielleicht kommt's aber gar nicht bis dorthin. Auch der Gemeinderatsbeschluss könne noch wackeln. Man sammelt Unterschriften für eine Volksabstimmung, braucht dafür 25 Prozent der Wahlberechtigten.

Das Projekt hat tatsächlich beeindruckende Dimensionen. Auf einer Fläche von knapp 20 Hektar soll ein 14 Hektar großes Glashaus für den ganzjährigen Anbau von Paradeisern sorgen. Das ist mehr als dreimal so groß wie jenes Glashaus im oststeirischen Bad Blumau, wo für die Handelskette Spar heuer schon die erste Ernte eingefahren worden ist. Der Bürgermeister Josef Ziniel freut sich über eine Investition von fast 20 Millionen Euro, 80 Arbeitsplätze, Aufträge für die heimische Wirtschaft und rund 100.000 Euro mehr Kommunalsteuer. "Es ist noch nie vorgekommen, dass sich ein Bürgermeister über eine solche Betriebsansiedelung nicht freut."

Paradeisische Vielfalt

Dass Bürger sich über so etwas nicht freuen, kommt dagegen häufig vor. In Frauenkirchen hat die Sache eine zusätzliche Brisanz, die nicht nur im Ideologischen wurzelt. Immerhin lebt und produziert in Frauenkirchen mit Erich Stekovics jener Mann, der den längst schon verholländert geglaubten Tomaten mit der Hege zahlloser alter Sorten die paradeisische Geschmacksvielfalt zurückgegeben hat.

Stekovics sitzt mit seiner Namensliste (Nest) auch im Gemeinderat. Die fünf Nestler und die fünf ÖVPler haben der Umwidmung nicht zugestimmt. Aber, so Stekovics: "Ich bin hinausgegangen. Auch bei der Bürgerinitiative bin ich nicht dabei. Ich will das klar trennen. Mit meinem Geschäft hat das nichts zu tun. Ich halte mich da raus."

Josef Ziniel mag das nicht ganz glauben. Er beschreibt im Gespräch mit dem STANDARD Stekovics als Mastermind des örtlichen Widerstandskomitees. "Vielleicht", so räumt er ein, "gibt's auch irgendein anderes Konglomerat." Man verkehrt in der 2.800-Seelen-Gemeinde, so der starke Eindruck, diesbezüglich hauptsächlich über Facebook miteinander.

Initiative als Konglomerat

Der Sprecher der vom Bürgermeister als "Konglomerat" wahrgenommenen Initiative "Freie Sicht auf Frauenkirchen" ist Josef Umathum, einer jener Winzer, die den Ruf des Burgenlandes auf die Tische der Welt getragen haben.

Und einer seiner Hauptkritikpunkte – abgesehen von der Sache, dem Glashaus – ist, dass die SPÖ mit ihrer das Drüberfahren erlaubenden Mehrheit die Diskussion gar nicht mehr suche. Ein schlichter Aushang im Rathaus habe auf das Projekt verwiesen. (Ziniel: "Jeder hätte jederzeit Einschau halten können.") Umathum wünscht sich "eine faire Diskussion und dass das Projekt endlich eingehend vorgestellt wird".

Denn Fragen gebe es noch genug: bezüglich Wasserversorgung, Energiebedarfs, Lichtverschmutzung durch nächtliche Beleuchtung, Verkehr und Ausbauplänen. Und letztlich die Frage, wie ein Gebäude, das einem – kommt er von Podersdorf – die Sicht auf die Basilika nimmt, zu einer Gemeinde passt, die sich "Stadt mit dem weiten Horizont" nennt. (Wolfgang Weisgram, 7.11.2016)