Jedes Jahr bringt Google seinen "Fashion Trend Report" heraus. Dieser weiß, nach welchen Trends am meisten gegoogelt wird. Nummer eins in diesem Jahr? Die Bomberjacke. Das verwundert wenig. Die Bomberjacke ist längst nicht mehr in der rechten Schmuddelecke anzutreffen.

Das war in den Neunziger Jahren anders. Noch 2001 sprach sich die damalige deutsche Familienministerin Christine Bergmann für Verbote von Springerstiefeln und Bomberjacken an deutschen Schulen aus. Es gehe dabei nicht um Mode, sondern um die Gesinnung, die dahinter stecke, zitierte sie damals die "Berliner Zeitung".

Heute wäre das undenkbar, die Bomberjacke hat ihren Schrecken verloren. Erstens lassen sich Gesinnungen immer weniger an Kleidungsstücken ablesen. (Längst kommen die neuen Rechten in Anzügen daher.) Und zweitens wird sie heute mit modischem Firlefanz aufgehübscht. Justin Bieber zum Beispiel vergrault mit seiner rosa Bomberjacke nicht einmal mehr die Eltern seiner minderjährigen Fans. Denn sie tragen, siehe Kanye West mit Ende Dreißig, womöglich selbst eine.

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Justin Bieber in einer rosa Bomberjacke, die er leider nicht während seines Auftritts in Wien trug
Foto: apa/afp/Getty Images/ Kevin WInte

Die Bomberjacke hat längst den Schrecken des originären MA-1 Modells von Alpha Industries, das in den Sechzigern von diversen Subkulturen entdeckt wurde, eingebüßt. Heute kauft man das grüne, blaue, schwarze Nylon-Modell in familienfreundlichen Modehäusern wie Peek & Cloppenburg oder beim Modelabel Closed, das eher hanseatische Zurückhaltung verkörpert.

Alpha Industries-Jacken gibt es heute bei Peek & Cloppenburg zu kaufen
Model Toni Garrn und Bruder Niklas werben gerade im Bomberjacken-Partnerlook für das Hamburger Label Closed
Foto: Closed

Denn die Bomberjacke genießt heute eine verhältnismäßig lauwarmes Image. Sogar Frauen, die nicht mit ihren Reizen geizen, hängen sich die bolligere Jacke über. Solche wie das Model Alessandra Ambrosio. Wenn sie auf ihrem Instagram-Account nicht im Bikini posiert, kombiniert sie ihre Bomberjacke zu Endlosbeinen in High Heels.

Überhaupt lassen sich interessante Verschiebungen beobachten. Während den Gucci-Männern knappe, bestickte Bombenjäckchen verordnet wurden, lassen Frauen die Ärmel ihrer bollerigen XXL-Bomber über die Fingerspitzen baumeln und den Bund bis in die Kniekehlen hängen.

Lassen die Trägerin ganz schmal erscheinen: die XXL-Jacken des dänischen Labels "Muf10"

Angesagtestes Lieblingslabel sind die Jacken des Labels "Muf10" aus Kopenhagen. Dessen Designer Reza Etamadi hat Bomberjacken entworfen, die ähnlich wie die Teile des französischen Labels Vetements mit ihrer Aufgeblasenheit bestechen.

Das macht Sinn: die Frauen, die sie tragen, sehen in ihnen noch zarter aus als sie es eh schon sind. Keine schlechte Strategie, dieses Täuschungsmanöver. (Anne Feldkamp, 10.11.2016)