Der Konflikt in der Wiener SPÖ droht zu eskalieren, auch wenn der amtierende Bürgermeister und Parteivorsitzende gar nicht ans Aufhören denkt.

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Wien – "Niemand ist gestürzt worden, auch mich sehen Sie in völliger Pracht und Herrlichkeit. Mit Personalia kann ich heute nicht dienen", sagte Wiens Bürgermeister und SPÖ-Wien-Chef Michael Häupl nach der Vorstandssitzung der Stadt-Roten am Montag. Es sei "intensiv und lebhaft" diskutiert worden, ganze vier Stunden lang – allerdings "zu 98 Prozent" über Inhalte. Geeinigt habe man sich auf die Erstellung eines "Themenlistings" zur weiterführenden Diskussion.

Die "sehr große Bandbreite" an Punkten, die man bereits in der Sitzung gesammelt habe, würde von neuen Herausforderungen in der Arbeitswelt über Bildung bis zum Industriestandort reichen.

"Es ist ein vernünftiger Diskussionsprozess", sagte Häupl und nannte als Beispiel auch die Mindestsicherung. Er wolle diese als "Instrument zur Armutsbekämpfung" bundesweit erhalten. "Ich will keine Leute auf der Straße haben." Da gebe es auch in der Wiener SPÖ keine Auffassungsunterschiede. Häupl kündigte an, "bis zum Letzten" dafür zu kämpfen: "Wir werden nicht den oberösterreichischen Weg gehen, Wien wird nicht freiheitliche Sozialpolitik machen."

Ganz wollte es Häupl aber nicht ausschließen, dass es in den kommenden Monaten zu einem Wechsel in der roten Regierungsmannschaft kommt. Eine Regierungsumbildung könne es geben, "das muss aber nicht sein".

Flügelkampf im Vorfeld

Personelle Änderungen forderte etwa der Vorsitzende der SPÖ Simmering, Harald Troch. Er sprach vorab von "drei großen Baustellen" in Wien: "Das sind die Spitalspolitik, die Stadtfinanzen und der Bereich Kindergarten und Integration." Hier erwarte er sich "Schritte des Bürgermeisters, um die SPÖ besser zu positionieren".

Die Probleme verortet Troch klar im ihm gegenüberliegenden Flügel der SPÖ: Sozial- und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely und Bildungs- und Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger gelten als die Parteilinken an der Spitze. Auch Finanzstadträtin Renate Brauner ist auf ihrer Seite.

Der Flügelkampf innerhalb der Stadt-Roten hatte sich im Vorfeld des Parteivorstands zugespitzt. Von beiden Seiten wurde mobilgemacht. Mittels eines Protestaufrufs wurde die "Empörung" Häupl-kritischer Flächenbezirke angekündigt. Dies sollte vor dem Vorstand der SPÖ, der 58 Mitglieder umfasst, zeigen: "Wir sind die Mehrheit." Dem Aufruf leistete aber niemand Folge. Die Gegenseite zog mit einer SPÖ-internen Mail nach, die dazu aufforderte, Leute dazu zu mobilisieren, sich beim Bürgermeister und der Landesparteisekretärin über das "parteischädigende Verhalten" der Häupl-Kritiker aufzuregen.

Streit um Häupl-Nachfolge

In der Zentrale der Wiener SPÖ spricht man in puncto Kritiker von einer Minderheit. So könnten von 40 Stimmberechtigten höchstens elf als solche bezeichnet werden. Zu ihnen soll die Nationalratspräsidentin und Faymann-Vertraute Doris Bures gehören, ebenso der Ex-Bundesparteisekretär Gerhard Schmid soll zu jenen gehören, die in den Gremien "Vollgas" geben.

Der Streit in der SPÖ entzündet sich vor allem an der Frage der Nachfolge Häupls, der sowohl Parteivorsitzender als auch Bürgermeister ist. Die Doppelfunktion hatte Häupl am Wochenende in einem Profil -Interview zur Disposition gestellt. Allerdings gebe es innerhalb der SPÖ-Wien "kein rasendes Bedürfnis", die Funktionen zu trennen.

Als mögliche Häupl-Nachfolger werden Wehsely und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig in Stellung gebracht. In Wehselys Flügel glaubt man, dass Ludwig nur die Vorarbeit für eine ganz andere Kandidatin leiste: Doris Bures.

Beim Treffen der Häupl-Kritiker – Faymann-Anhänger aus den Flächenbezirken – würde Bures eine große Rolle spielen. Ludwig hingegen würde sich eher zurückziehen. Auch der frühere ORF-Chef Gerhard Zeiler, der schon als Faymann-Nachfolger im Spiel war, wurde als möglicher Bürgermeister genannt. Zeiler sagte aber bereits ab, was Häupl sich von seinem "langjährigen Freund" erwartet hatte, wie er sagte.

Auch der erst kürzlich verschobene Parteitag könne nun doch im Frühjahr ablaufen: "Wenn keine Wahlen stattfinden, gibt es keinen Grund, dass der Parteitag nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt im Frühjahr stattfindet." (Oona Kroisleitner, 21.11.2016)