Wien – 60.000 Menschen werden in Österreich besachwaltet. Ein neues Erwachsenenschutzgesetz sollte das Sachwalterschutzgesetz ablösen. Unterstützen statt entmündigen, lautet das Ziel der neuen Regelung, die im Jänner 2018 in Kraft treten hätte sollen. Aufgrund budgetärer Engpässe könnte es jetzt zu einer Verschiebung der Gesetzesnovelle kommen.

Denn das Finanzministerium erteilte dem Entwurf des Erwachsenenschutzgesetzes eine Absage. Nicht aus inhaltlicher Sicht, jedoch können aufgrund der "angespannten Budgetsituation keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung" gestellt werden, bestätigte das Ministerium einen Bericht des Ö1-Mittagsjournals. Das Justizministerium wurde in der Stellungnahme darum ersucht, "dahingehende Überlegungen anzustellen, wie die (...) angestrebten Änderungen budgetneutral umgesetzt werden könnten".

Justiziministerium bemüht

Das heißt, für die Umsetzung, für die 13 Millionen Euro im ersten Jahr berechnet wurden, ist kein Geld da. Und auch der ausgewiesene zusätzliche Personalmehraufwand in der Justiz und in anderen Bereichen ist finanziell nicht bewältigbar. Aus diesem Grund wurde das Gesetz auch am Dienstag nicht – wie vorerst geplant – im Ministerrat behandelt. Das Justizministerium ist nun weiterhin um einen Konsens bemüht, hieß es aus dem Ministerbüro von Wolfgang Brandstetter (ÖVP) auf APA-Anfrage. Immerhin hätte sich im Lauf der vergangenen zehn Jahre die Anzahl der Sachwalterschaften von 30.000 auf 60.000 verdoppelt.

Volksanwältin Gertrude Brinek (ÖVP) hofft dennoch auf eine Umsetzung im Jahr 2018, sie sieht in dem neuen Gesetz einen "Meilenstein". Die Volksanwaltschaft habe oft mit Beschwerden von Menschen zu tun, bei denen Besachwalterungen zu früh, zu umfassend und zu lange verfügt werden. Der Übergang zum neuen Gesetz koste zwar Geld, jedoch "wenn nichts geschieht, wird es teurer", ist Brinek überzeugt.

Unverständnis bei SPÖ und NGOs

Kritik am Finanzministerium kam auch von Hilfsorganisationen wie der Lebenshilfe Österreich oder dem Verein "Bizeps– Zentrum für Selbstbestimmtes Leben", die Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) aufforderten, die Mittel für das Gesetz freizugeben. Der vorliegende Entwurf sei ein "guter, der bereits im nächsten Justizausschuss beschlossen hätte werden können". Warum der Finanzminister sich weigert, das Geld zur Umsetzung dieses wichtigen Projekts zur Verfügung zu stellen, ist "unverständlich", meinte auch die SPÖ-Sprecherin für Menschen mit Behinderung, Ulrike Königsberger-Ludwig, in einer Aussendung. (APA, 23.11.2016)