Hier taucht im nächsten Augenblick ein Botschafter der Angst auf: Brad Pitt und Marion Cotillard kämpfen als Agentenpaar gegen Nazis und unerlaubte Gefühle füreinander.

Foto: Paramount Pictures

Wien – In dem Koffer, den Max Vatan auf dem Rücksitz jenes Wagens findet, der ihn eben in der marokkanischen Wüste aufgelesen hat, findet er Geld, eine Waffe und einen Ehering. Die Frau wartet in Casablanca. Er wird sie treffen, sie werden das abgekartete Spiel beginnen, von dem Allied von der ersten Minute an erzählt, und sich als Ehepaar ausgeben. Ein Spiel, das – man weiß es, noch bevor es zur ersten Begegnung kommt – kein Spiel bleiben wird.

Denn alles in diesem Film ist Zitat, manchmal mit einfachem, oft mit doppeltem Boden. Gemeinsam sollen der kanadische Luftwaffenoffizier und die französische Spionin mit dem beeindruckenden Namen Marianne Beausejour den deutschen Botschafter in Französisch-Marokko töten. Das Vichy-Regime hält sich 1942 in Nordafrika noch an der Macht, was dem Paar und dem Film eine kurze Begegnung mit Nazideutschland in einem entsprechend beflaggten Büro bei August Diehl sowie im Haus des Botschafters einbringt, zu dessen Empfang sie sich haben einschleusen lassen. Man ahnt es bereits: In diesem Film gilt es stets vorbereitet zu sein – auf die Nazis, die Aufträge des Secret Service, auf das Ende des Krieges. Auf das Misstrauen. Auf die Liebe.

Allied – Trailer
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Wozu Stars da sind

In Allied machen das US-amerikanische und das europäische Kino gemeinsame Sache. Das verlangt nach einem Mehrwert, nach dem, was oft "großes Kino" genannt wird, obwohl eigentlich niemand genau sagen kann, was das sein soll. In Bilder gegossene Gefühle möglicherweise. Leidenschaftlicher Sex im afrikanischen Sandsturm oder ungebrochene Hoffnung während der Luftschlacht über England. Bilder, auf die man wartet und von denen man dann doch enttäuscht ist, wenn man sie zu sehen bekommt, weil man sie sich genau so vorgestellt hat. Kein bisschen anders.

Für solche Bilder gibt es im Kino Stars, dazu sind sie da, und in Allied ist das die Aufgabe von Brad Pitt und Marion Cotillard, in Stellung gebracht von US-Regisseur Robert Zemeckis und dem britischen Autor Steven Knight (Locke). Was dieser Film will, kann man also fast immer an ihren Gesichtern ablesen, die man sich aber wiederum immer erst in ihre Rollen denken muss: ein erwartungsvoller Blick hier, ein verstörender dort, während die Geschichte im Hintergrund weiterläuft. Denn Allied will Erwartungen und das Misstrauen schüren, vom Keil erzählen, der das Paar zusehends spaltet und von der Hoffnung des Mannes, dass diese Frau mit ihm kein Spiel gespielt hat wie mit allen anderen.

Verräterische Details

Dieser Film hat also zwei Gesichter und ein Problem: Er weiß selbst nicht, für wen er gemacht sein soll. Sicher nicht für jene, die sich noch an Casablanca und Notorious erinnern und über einen Pastiche wie diesen kaum gnadenvoll hinwegsehen können. Aber auch nicht für jene, denen Namen wie Michael Curtiz oder Alfred Hitchcock ohnehin nichts mehr sagen und für die Brad Pitt, der hier einen jungen Mann spielen soll, längst zu Papas Kino zählt.

Deshalb hat Allied auch seine raren guten Momente dann, wenn er sich selbst genügt. Wenn in London, wo das Paar nach der afrikanischen Ouvertüre landet, sich während einer Party wie beiläufig die nervöse Jazzmusik so lange hochschraubt, bis man sie bemerkt. Wenn die langsamen Fahrten von Don Burgess, seit Forrest Gump Zemeckis Komplize hinter der Kamera, die Räume aufmachen und verstörende Details zum Vorschein bringen. Wenn es Allied gelingt, sich hin und wieder von den Vorbildern und Vorgaben zu emanzipieren – und zwischendurch kein glänzender Film sein zu wollen. (Michael Pekler, 21.12.2016)