Der älteste Sohn einer Bauernfamilie, allseits Joschi genannt, folgte dem Vater zehn Jahre nach dessen Tod in den Landeschefsessel und galt anfangs innerhalb der Partei als junger, moderner Intellektueller.

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Krainer mit seiner Nachfolgerin Waltraud Klasnic.

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Krainer (links) begrüßt mit Hermann Schützenhöfer und Franz Voves den Schauspieler und Steirer Arnold Schwarzenegger.

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Graz – Man sagte Josef Krainer junior nach, jede Familie in der Steiermark zu kennen. Er musste nur einen Namen hören, um sofort eine Verbindung herstellen zu können, etwa mit einem Weinbauern in der Südoststeiermark, den er als Großvater seines Gesprächspartners identifizierte, mit einer Familie aus der Obersteiermark oder irgendeinem Schuldirektor in Graz. Auch viele Jahre nach seinem Abgang aus der Politik trat der Altlandesvater mit dem erstaunlichen Namensgedächtnis auf wie ein Fürst, der noch immer ein Auge auf alle Bewohner der Grünen Mark hatte.

In der eigenen Familie konnte der 1930 als erstes von fünf Kindern in Graz Geborene lernen, wie sich ein ÖVP-Landesvater zu verhalten habe. Sein Vater, Josef Krainer senior, war 23 Jahre lang Landeshauptmann: von 1948 bis zu seinem plötzlichen Herztod auf der Jagd im Jahr 1971. Er stammte aus einer Bauernfamilie und war der Prototyp des volksverbundenen, populären Machtpolitikers, der gerne auch in Wien auf den Tisch haute und den Föderalismus leidenschaftlich vertrat.

Denkwerkstatt "Modell Steiermark"

Der älteste Sohn, allseits Joschi genannt, folgte dem Vater zehn Jahre nach dessen Tod in den Landeschefsessel und galt anfangs innerhalb der Partei als junger, moderner Intellektueller. Außerhalb der Partei galt er als liberaler Katholik. Er hatte in Bologna, den USA und Graz Rechtswissenschaften studiert, wurde Assistent für Nationalökonomie an der Grazer Uni, bevor er mit Mitte 30 seine politische Karriere im Bauernbund startete. Von 1970 bis 1971 saß er im Nationalrat, 1971 wurde er erstmals Mitglied der steirischen Landesregierung und 1980 schließlich Landeshauptmann, der er bis 1996 blieb.

Krainer wollte das Land modernisieren, etwa über die Denkwerkstatt "Modell Steiermark", er war ein Förderer moderner Kunst und Architektur, die Steiermark wurde das erste Bundesland mit einem Rechnungshof, und mit der Gründung der Arge Alpen-Adria wollte Krainer auf regionaler Ebene den Eisernen Vorhang überwinden. Den Ruf des Sturschädels, der schon seinem Vater in Wien anhaftete, erwarb sich bald auch "Joschi" Krainer – etwa im Zuge des Anti-Draken-Volksbegehren gegen den damaligen Verteidigungsminister Robert Lichal (ÖVP), das sogar für Gerüchte über eine Abspaltung der Landes-ÖVP von der Bundespartei sorgte.

ÖVP-Absturz 1995

Im Winter 1995 gewann Krainer die Neuwahlen nur so knapp – die ÖVP stürzte von 44,2 auf 36,2 ab –, dass er noch am Wahlabend seinen Rücktritt bekanntgab. Die Stunde der Waltraud Klasnic war gekommen.

Krainer zog sich zur Gänze ins Privatleben zurück. Mit seiner politischen Funktion verstummte auch seine öffentliche Stimme. Er kommentierte das politische Geschehen seit 1996 nur in den seltensten Fällen. Den einen oder anderen diskreten Besuch beim Alt-Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) auf einen Kaffee in der Burg ließ sich Krainer aber nicht nehmen.

Ansonsten widmete er seine Zeit seiner Familie, reiste und besuchte Musikfestivals mit seiner Frau Rosemarie, die er einst beim Studium in Georgia kennengelernt hatte – sie war Fulbright-Stipendiatin und Pianistin. Rosemarie Krainer verstarb 2001. Das Paar hatte vier Söhne und eine Tochter.

Josef Krainer ist am 26. August 86 Jahre alt geworden. "Traurigen Herzens muss ich davon Nachricht geben, dass Josef Krainer, Landeshauptmann der Steiermark von 1980 bis 1996, heute früh in seinem 87. Lebensjahr verstorben ist", teilte Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) am Freitag mit. (Colette M. Schmidt, 30.12.2016)