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Zurücklehnen, Arme ausbreiten: In der Politik- und Kommunikationsberatung werden klassisch männliche Dominanzgesten empfohlen.

Foto: REUTERS/Michael Kappeler

Am 6. Jänner erschien im STANDARD ein Interview mit Merkel-Berater Lutz Meyer ("Bei Frauen wird viel kritischer hingeschaut"). Er lässt sich gerne als "Kanzlerinnenmacher" porträtieren, was einigermaßen skurril ist: Angela Merkel war schon acht Jahre lang Kanzlerin, als Herr Meyer überhaupt auf der politischen Bildfläche erschien.

Meyer erklärt, um erfolgreich zu sein, müssten sich Politikerinnen den männlichen Rahmenbedingungen anpassen, unauffällig gekleidet sein und sich "männlich geben". Er tut das zwar mit einem bedauernden Unterton, reproduziert aber gleichzeitig die Strukturen, die er zu kritisieren vorgibt.

Beratung ist Männerdomäne

Diejenigen, die Politikerinnen raten, sich dem von Männern geprägten Politikstil anzupassen, sind in aller Regel selbst Männer: Politik- und Kommunikationsberatung ist eine Männerdomäne, es ist also kaum verwunderlich, dass die Beratungsleistung oft nicht über den patriarchalen Tellerrand hinausweist.

Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Für Verhandlungen wie auch Podiumsdiskussionen wird empfohlen, körperlich Raum einzunehmen. Zu bewerkstelligen wäre das durch klassisch männliche Dominanzgesten: Beine breit, im Stuhl zurücklehnen und die Arme ausbreiten oder gleich hinter dem Kopf verschränken. Dass Männer diese Strategien erfolgreich anwenden, wissen wir aus der Erfahrung im Kampf um den Platz in der Straßenbahn. Für Frauen sind solche Strategien wenig erfolgversprechend. Handlungsalternativen bieten die Berater in solchen Trainings aber kaum an.

"Weibliche" Eigenschaften sind gefragt

Politikerinnen sollten sich nicht den bestehenden Konventionen fügen müssen, sondern diese brechen und neu gestalten. Nicht nur mitspielen dürfen, sondern mitbestimmen. Politikberatung, die Frauen "männliches" Verhalten nahelegt, unterstützt nicht die Veränderung, sondern die Beibehaltung des Status quo.

Die Politikverdrossenheit ist ebenso männlich geprägt wie das politische System. Warum sollten sich Frauen dieser Norm anpassen? Mir fallen da so einige üblicherweise Frauen zugeschriebene Eigenschaften ein, die in der Politik dringend notwendig wären: Zurückhaltung in Fragen des Egos und der eigenen Eitelkeit. Oder das Befolgen des Grundsatzes, nur dann zu einem Thema zu sprechen, wenn man(n) sich auch wirklich auskennt. Das Brechen mit von Männern geprägten Mustern könnte zu einem massiven Qualitätsschub führen – übrigens nicht nur in der Politik. (Sigrid Maurer, 11.1.2017)