Bei der Wiener SPÖ geht die Post ab: Michael Häupl (Mitte) bastelt an seinem neuen Regierungsteam. Sozialstadträtin Sonja Wehsely geriet zuletzt heftig unter Beschuss und gilt als Ablösekandidatin.

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Wien – Michael Häupl führt derzeit viele Gespräche. Nur wenige sind offiziell als "Termin" bekannt, wie der Besuch von Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher am Donnerstag im Rathaus. Der Rest passiert hinter den Kulissen.

Wiens Langzeitbürgermeister arbeitet an seiner angekündigten Regierungsumbildung, die er wie gewohnt großteils im Alleingang vorbereitet. Mit dem Rücktritt von Sozialstadträtin Sonja Wehsely am Freitag wurde das Personalkarussell schon vor der Vorstandstagung der Wiener SPÖ am 20. und 21. Jänner in Schwung gesetzt. Die Anzeichen verdichten sich, dass die angekündigte Umbildung eher größer als kleiner ausfällt.

Wehsely tritt zurück

Am Freitagvormittag erfuhr der STANDARD aus gut informierten Quellen, dass Wehsely selbst zurücktreten und in die Privatwirtschaft wechseln wird. Für 11 Uhr hat Wehsely eine Pressekonferenz angesetzt.

Wehsely soll ab April 2017 in das globale Services-Team von Siemens Healthineers wechseln. Sie übernimmt eine Führungsstelle in Deutschland, im Services-Geschäft der Siemens Healthcare GmbH. Sie soll künftig dafür verantwortlich zeichnen, neue Services-Wachstumsfelder zu identifizieren und sie zur Marktreife zu bringen.

Auch Finanzstadträtin Renate Brauner und Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger gelten als Ablösekandidatinnen. Dass alle drei gehen müssen, ist aber unwahrscheinlich, nicht zuletzt, weil die seit Wochen kolportierten Nachfolger nur Männer sind: So wird Andreas Schieder, Klubsprecher im Parlament, als neuer Finanzstadtrat gehandelt. Peter Hacker, Chef des Fonds Soziales Wien, könnte Wehsely beerben – obwohl er bereits abgewunken hat. Auch Jürgen Czernohorszky, seit Dezember 2015 Stadtschulratspräsident, wird der Wechsel in die Stadtregierung zugetraut.

Wehsely, prononcierte Vertreterin des linken Flügels, galt als "größter Reibebaum" in der Wiener SP, wie es im Rathaus heißt. Die Baustellen ihres Ressorts sind riesig: Zu den Pannen und kostspieligen Verzögerungen rund um den Bau des Krankenhauses Nord, dem Ärztestreik und der Mindestsicherungsdebatte gesellte sich zuletzt die Kritik an Gangbetten in städtischen Spitälern. Kommende Woche werden zudem Berichte des Stadtrechnungshofs veröffentlicht, die die Geschäftsgruppe Wehselys zum Thema haben.

Wenn sich das Karussell dreht

Spannend ist auch, wie sich das Personalkarussell weiterdreht. So stellt sich die Frage, wie sich nach einem Umbau der Stadtregierung der Gemeinderat verändert. Nach den Wahlen ist es Usus, dass die Stadträte auf ihre Mandate verzichten. Sind sie nicht mehr Teil der Regierung, haben sie ein Rückkehrrecht in den Gemeinderat. Wird dieses wahrgenommen, muss jemand anderer weichen.

Die Liste der Gemeinderäte setzt sich aus den Mandaten der Landes- sowie der Wahlkreisliste zusammen. "In der Regel nimmt man das niedrigste Mandat", heißt es von der SPÖ Wien. Sollte Wehsely etwa die Stadtregierung verlassen, würde sie somit Anspruch auf das Mandat von Gerhard Kubik, einem Gemeinderat aus der Leopoldstadt, Wehselys Heimatbezirk, haben. Das zweite Mandat aus der Leopoldstadt hält Landesparteisekretärin Sybille Straubinger.

Kopietz will bleiben

Sollte Brauner wie kolportiert ihr Ressort gegen den Job als Landtagspräsidentin tauschen, müsste sie jedenfalls ein Mandat annehmen. Dieses würde, wie auch im Fall eines Rückzugs von Frauenberger, aus dem Wahlkreis Wien-Zentrum kommen. Gefährdet sind die Gemeinderäte Georg Niedermühlbichler, Nicole Berger-Krotsch und Kurt Wagner, wobei Wagners Mandatsverlust am wahrscheinlichsten ist. Niedermühlbichler, Manager der Bundespartei, und Berger-Krotsch als Frauensekretärin der SPÖ hätten das Vorrecht auf ein Mandat.

Der Wechsel Brauners in das Landtagspräsidium benötigt die Zustimmung des aktuellen Präsidenten Harry Kopietz. Dieser sagte dem STANDARD jedoch: "Ich bleibe Landtagspräsident."

Der Ruf aus den Flächenbezirken nach mehr Macht in der Stadtregierung wird relativiert. So erklärte Klubchef Christian Oxonitsch dem STANDARD, in der Regierung gebe es eine "gute Verteilung" zwischen den Bezirken. So kommt mit 17 von 51 Mandataren ein Drittel aus einem der vier Flächenbezirke Liesing, Floridsdorf, Donaustadt und Favoriten. (Oona Kroisleitner, David Krutzler, 13.1.2017)