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Kapsch sieht in der Koalitionskrise Potenzial für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft.

Foto: Reuters/Heinz Peter Bader

Der Präsident der Industriellenvereinigung erwartet sich von der Neuverhandlung des Regierungsprogramms deutliche Verbesserungen für den Wirtschaftsstandort. Darunter auch eine Ausdehnung der Höchstarbeitszeit, einen Investitionsfreibetrag und eine Halbierung der Gewinnsteuer auf einbehaltene Gewinne. Georg Kapsch glaubt nicht, dass Neuwahlen für die beiden Regierungsparteien erfolgversprechend sind.

STANDARD: In der Koalition kracht es ordentlich. Wie beurteilen Sie die Krise und mögliche Neuwahlen?

Kapsch: Grundsätzlich sehe ich es positiv, dass sich die Regierungsparteien zusammensetzen und endlich streiten. Ich finde es gut, dass das kein reines Gemauschel ist und es klare Positionierungen gibt. Die Frage ist, was das Ergebnis sein wird – und ob wieder ein fauler Kompromiss herauskommt oder nicht.

STANDARD: Ist da nicht auch Inszenierung dabei?

Kapsch: Das kann ich nicht beurteilen. Aber ich glaube nicht, dass Neuwahlen für eine der Koalitionsparteien einen Erfolg bringen würden.

STANDARD: Aber als Industriepräsident sind Sie ja nicht mit der großen Koalition verheiratet. Könnten nicht andere Regierungskonstellationen für die Wirtschaft förderlich sein?

Kapsch: Dann sagen Sie mir eine.

STANDARD: Was wäre mit einer FPÖ-Beteiligung an der Regierung?

Kapsch: Dazu möchte ich mich nicht äußern. Positiv sehe ich jedenfalls, dass zumindest Teile der Regierung nicht auf die Sozialpartner warten, sondern ihre Entscheidung treffen wollen. Ich hoffe, dass da nicht wieder irgendein Abtausch von Kleinigkeiten herauskommt.

STANDARD: Was sind aus Ihrer Sicht die Knackpunkte in den Verhandlungen?

Kapsch: Die Knackpunkte liegen beim Thema Arbeitszeit und ob es zum Zwölfstundentag wieder irgendeine Gegenmaßnahme geben muss. Das würde ich überhaupt nicht einsehen. Die zwölf Stunden kosten die Menschen letztlich null, denn sie müssen im Jahr nicht länger arbeiten, und es fallen keine Überstundenzuschläge weg.

STANDARD: Das sehen die Gewerkschaften anders.

Kapsch: Wir haben immer gesagt, dass wir die Überstundenzuschläge weiterzahlen wollen. Man könnte die Richtlinie der EU heranziehen, wonach täglich eine bestimmte Ruhezeit eingehalten werden muss. Das gibt es in Schweden und in anderen Ländern. Man muss in einer Woche 36 Stunden und am Tag elf Stunden ununterbrochen Ruhe haben. Das heißt auch: Man kann 13 Stunden arbeiten. Nicht von den Höchstarbeitszeiten, sondern von den Ruhezeiten auszugehen, wäre ein neuer Ansatz.

STANDARD: Was sind aus Ihrer Sicht weitere zentrale Punkte?

Kapsch: Wir brauchen dringend eine Lohnnebenkostensenkung. Man könnte unter anderem die Beiträge zum Insolvenzentgeltfonds und zum Familienlastenausgleichfonds senken, da sind zwei Milliarden drinnen. Das kann man aber bitte nicht gleich wieder durch neue Steuern gegenfinanzieren.

STANDARD: Sie sprechen die Wertschöpfungssteuer an.

Kapsch: Unter anderem.

STANDARD: Die Wirtschaft fordert auch eine Senkung der Körperschaftsteuer. Ist das wirklich erforderlich?

Kapsch: Wir müssen die Körperschaftsteuer senken, weil viele umliegende Ländern das getan haben. Allerdings denken wir dabei an die Unternehmen und ihre Mitarbeiter und nicht an die Eigentümer. Daher soll nur die Körperschaftsteuer auf einbehaltene Gewinne auf 12,5 Prozent halbiert werden. Da kann uns niemand den Vorwurf machen, wir wollen als Eigentümer steuerlich besser dastehen.

STANDARD: Aber unter dem Strich kommt weniger für das Budget heraus.

Kapsch: Ja, aber wir haben berechnen lassen, dass sich die Maßnahme über zusätzliche Investitionen und Wachstum zur Hälfte selbst finanzieren würde. Außerdem fordern wir eine Erhöhung der Forschungsprämie auf 15 Prozent. Das bringt auch internationale Unternehmen dazu, in Österreich zu forschen.

STANDARD: Sind die Mitnahmeeffekte bei der Forschungsprämie, die erst evaluiert werden sollten, nicht besonders hoch?

Kapsch: Das sehe ich nicht so. Forschende Unternehmen haben einen besonders hohen Hebel bei Exporten und Arbeitsplatzgenerierung. Zudem wollen wir einen Freibetrag auf zusätzliche Investitionen. Das ist wesentlich sinnvoller als eine vorzeitige oder degressive Abschreibung.

STANDARD: Die unter Schwarz-Blau eingeführte Investitionsprämie hatte höchst zweifelhafte Effekte.

Kapsch: Da bin ich schon mit dem Bundeskanzler d'accord, dass man nicht den Kauf von Flugzeugen mit dem Investitionsfreibetrag finanziert. Es müssen Investitionen in die Industrie sein, die eine nachhaltige Standortsicherung bringen. Man könnte den Investitionsfreibetrag auch auf zwei Jahre befristen. (Andreas Schnauder, 27.1.2017)