Außenminister Sebastian Kurz setzt sich beim von ihm geforderten Burkaverbot durch, ein Kopftuchverbot kommt nur mit Abstrichen.

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Wien – Die allergrößten Probleme sind es in der Praxis nicht: Es gibt derzeit weder eine Polizistin noch eine Richterin mit Kopftuch; Burkaträgerinnen sind in Österreich zumeist Touristinnen. Es ist also mehr eine symbolische Maßnahme, wenn sich die Regierung nun darauf verständigt, Vollverschleierung im öffentlichen Raum zu verbieten. Exekutivbeamte sowie Richter und Staatsanwälte sollen darüber hinaus verpflichtet werden, "weltanschaulich und religiös neutral aufzutreten". So steht es im neuen Arbeitspapier von Rot-Schwarz.

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Die SPÖ ist damit jedenfalls einem Wunsch von Sebastian Kurz (ÖVP) nachgekommen. Der Außen- und Integrationsminister beharrt bereits seit längerem auf ein sogenanntes Burkaverbot sowie ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst. Dass der rote Koalitionspartner bei diesen beiden Punkten bisher nicht mitgehen wollte, war einer der Gründe, warum das geplante Paket zum Thema Integration im Herbst zunächst vertagt werden musste.

"Offene Kommunikation"

Im Regierungsprogramm ist nun festgehalten: "Wir bekennen uns zu einer offenen Gesellschaft, die auch eine offene Kommunikation voraussetzt. Vollverschleierung im öffentlichen Raum steht dem entgegen und wird daher untersagt." Gerald Fleischmann, der Sprecher von Kurz, stellt klar, dass sich diese Regelung explizit auch an Touristinnen richtet: "Das Vollverschleierungsverbot gilt auch für Zell am See und das Goldene Quartier", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD.

Verfassungsrechtlich sollte ein Burkaverbot halten. In Frankreich und Belgien besteht ein solches bereits seit dem Jahr 2011 – dort wird ein Verstoß mit einem Bußgeld zwischen 100 und 150 Euro geahndet. In den Niederlanden wurde vor zwei Jahren ein teilweises Verbot der Vollverschleierung eingeführt. "Der Europäische Gerichtshof hat schon mehrfach festgestellt, dass ein Vollverschleierungsverbot zulässig ist. In Österreich ist die Rechtslage diesbezüglich nicht anders als auf EU- Ebene", sagt der Verfassungsjurist Theo Öhlinger.

Er gibt aber zu bedenken: "Das Problem wird eher in der praktischen Vollziehung liegen. Vollverschleierung ist kein reales Problem in Österreich. Man würde wohl höchstens die Begleiterinnen schwer reicher Scheichs verjagen." Welche Konsequenzen das Tragen von Burka und Nikab in Österreich künftig haben soll, steht allerdings noch nicht fest.

"Neutralitätsgebot"

Das von Kurz ursprünglich geforderte Kopftuchverbot im gesamten öffentlichen Dienst wurde nur in einer abgeschwächten Form im Arbeitsprogramm festgeschrieben. Dort heißt es: "In den jeweiligen Ressorts wird bei uniformierten ExekutivbeamtInnen sowie RichterInnen und StaatsanwältInnen darauf geachtet, dass bei der Ausübung des Dienstes das Neutralitätsgebot gewahrt wird."

Das Verbot religiöser und weltanschaulicher Symbole bei Richtern sowie im Gerichtssaal ist eine langjährige Forderung der heimischen Richterschaft. Anders als dem Integrationsminister geht es den Juristen allerdings nicht darum, das Kopftuch zu verbieten, sondern um ein möglichst neutrales Auftreten der Justiz.

Kein Kopftuch, kein Kreuz

Eine von Minister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) zu diesem Thema ins Leben gerufene Arbeitsgruppe kam zu dem Ergebnis: Eine Differenzierung zwischen Symbolen verschiedener Religionen wäre verfassungsrechtlich nicht zulässig – dürfen Richterinnen kein Kopftuch tragen und Richter keine Kippa, müssten also auch die Kreuze aus den Gerichtssälen verbannt werden. Ob das ebenfalls geplant ist, konnte am Montag vonseiten des Justizministeriums nicht beantwortet werden. Kurz hatte ein Kopftuchverbot auch für Lehrerinnen gefordert, das kommt in dem Papier jedenfalls nicht vor.

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Ibrahim Olgun, warnt angesichts des überarbeiteten Regierungsprogramms bereits vor einer "Lex Islam". (Katharina Mittelstaedt, 30.1.2017)