Der alte und der neue Bürgermeister der steirischen Landeshauptstadt. Siegfried Nagl (ÖVP), hier mit Gattin Andrea an seiner Seite, hat mit einem personalisierten Wahlkampf die Wahl gewonnen.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Die KPÖ mit Spitzenkandidatin Elke Kahr bleibt auf Platz zwei.

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Graz – Es war der Abend des Siegfried Nagl. Der seit 2003 amtierende Bürgermeister konnte bei den vorgezogenen Gemeinderatswahlen am Sonntag Platz eins in Graz verteidigen. Laut Hochrechnung (inklusive Wahlkartenprognose) kommt die ÖVP mit einem Plus von 4,4 Prozentpunkten auf 38,2 Prozent. In der proportional zum Wahlergebnis zusammengesetzten Stadtregierung wird die ÖVP weiterhin mit drei Mandaten vertreten sein. Die Wahlkarten werden erst am Montag geöffnet.

KPÖ als zweite Wahlsiegerin

Die zweite Wahlsiegerin des Abends an der Mur heißt Elke Kahr. Die kommunistische Vizebürgermeisterin hatte ihr Wahlziel, den Platz zwei vor der FPÖ zu halten, geschafft. Die Kommunistische Partei konnte keine Stimmen dazugewinnen, blieb aber stabil bei einem Anteil von knapp 20 Prozent.

Platz fünf für die SPÖ

Verliererin ist die SPÖ. Sie rutscht auf 10,1 Prozent ab (minus 5,2 Prozentpunkte). Die SPÖ erreicht im Parteienranking mit dem knapp zweistelligen Ergebnis laut Hochrechnungen nur mehr Platz fünf. Michael Ehmann ist es nicht gelungen, die desolate Stadt-SPÖ wieder auf Kurs zu bringen. Auch der Auftritt von Kanzler Christian Kern im Wahlkampf half nicht, den weiteren Abstieg zu bremsen.

FPÖ hinter Kommunisten

Nicht so gut wie erhofft lief es auch für die Freiheitlichen. Mario Eustacchio schaffte zwar ein Plus von zwei Prozentpunkten, blieb aber mit 15,8 Prozent deutlich hinter den Kommunisten zurück. Der FPÖ ist es nicht gelungen, mit ihrem Standardthema "Ausländer" den zentralen Wahlkampfhit zu landen. Die anderen Fraktionen vermieden es peinlich, allzu sehr auf den Zug aufzuspringen.

Auf die Briefwahlstimmen hoffen können die Grünen. Sie mussten Sonntagabend nur relativ leichte Verluste hinnehmen – minus 1,6 Prozentpunkte ergibt am Ende 10,5 Prozent.

Für die neue Grünen-Frontfrau Tina Wirnsberger sichtlich eine Enttäuschung: Die Grünen hatten sich nach dem fulminanten Wahlerfolg von Alexander Van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl im Dezember (67 Prozent in Graz) doch einen gewissen Schub nach vorn erwartet.

Rosa gegen Lila

Einen "Mandatstausch" gibt es in Graz zwischen Piraten und Neos. Die erstmals angetretenen Neos erreichten mit vier Prozent ein Gemeinderatsmandat. Für die Neos wird ein 26-jähriger TU-Student namens Niko Swatek, der noch vor wenigen Wochen außerhalb der Hochschulpolitik völlig unbekannt war, in den Gemeinderat einziehen. Er übernimmt quasi direkt den Sitz des Piraten Philip Pacanda. Die Piraten schafften mit 1,1 Prozent den Einzug in das Stadtparlament nicht mehr.

Wahlberechtigt waren exakt 222.856 Grazer und Grazerinnen. Wobei die Grazerinnen mit 115.784 in der Überzahl waren. Die traditionell niedrige Wahlbeteiligung liegt bei 57,2 Prozent und ist leicht gestiegen.

Nach den Hochrechnungen Sonntagabend dürfte die Stadtregierung neben den drei schwarzen Regierungsmitgliedern weiterhin von je einem Vertreter der KPÖ, der SPÖ, der FPÖ und der Grünen beschickt werden. Für Grüne wie auch für SPÖ allerdings eine Zitterpartie.

Beide Stadtregierungssitze sind nicht besonders gut abgesichert. Theoretisch wäre für beide der Verlust des Regierungssitzes möglich – dieser würde dann an die KPÖ wandern.

Die vor den Wahlen von Nagl getrommelte Warnung, eine links-linke Mehrheit drohe in der zweitgrößten Stadt Österreichs, hat sich übrigens bei weitem nicht bewahrheit. Nach der Sora-Hochrechnung inklusive Wahlkartenprognose erreichen ÖVP und FPÖ gemeinsam 26 von 48 Mandaten.

Der langjährige Nagl-Sprecher Thomas Rajakovics hält es aber für "nicht ausgemacht", dass nun in Graz zwangsläufig aufgrund der Mehrheitsverhältnisse Schwarz-Blau kommen muss. Es seien durchaus mit den Grünen und Neos oder womöglich auch mit der SPÖ noch Varianten drin, sagt Rajakovics.

"Ganz offensichtlich haben die Grazerinnen und Grazer Stabilität gewählt. Sie wollen zwar, dass es linke und rechte Parteien gibt, aber nicht, dass sie regieren", sagt der Sprecher des Bürgermeisters.

Murkraftwerk

Mit der KPÖ, die in etwa gleich blieb, hat Nagl eine Zusammenarbeit so gut wie ausgeschlossen, und auch KPÖ-Chefin Elke Kahr hat Nagl bereits vor der Wahl wissen lassen, dass sie an einem klaren Forderungskatalog für eine Zusammenarbeit festhalte. An vorderster Stelle: die unverrückbare Bedingung einer Volksbefragung zum Murkraftwerk – was Nagl aber definitiv ablehnt.

Beim Thema Murkraftwerk wird es aber auch für die Grünen heikel: Ihr Nein zum ökonomisch wie ökologisch umstrittenen Kraftwerksbau ist ebenfalls unverrückbar. Noch am Samstag vor den Wahlen haben Grüne und KPÖ gemeinsam mit dem Naturschutzbund rund 3500 Menschen für eine Antikraftwerksdemo mobilisieren können. (Walter Müller, Thomas Neuhold, Colette M. Schmidt, 6.2.2017)