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Klimts "Adele Bloch-Bauer II".

Foto: Christie's/AP

New York/Wien – Das einst vom Wiener Belvedere restituierte Klimt-Gemälde "Adele Bloch-Bauer II" hat den Besitzer gewechselt: Für kolportierte 150 Mio. US-Dollar (rund 140 Mio. Euro) hat US-Medienstar Oprah Winfrey nach China verkauft. Der Klimt-Experte des Belvedere, Alfred Weidinger, im APA-Gespräch.

APA: Ist Ihnen der Käufer des Gemäldes bekannt?

Weidinger: Ich recherchiere das noch. In der Regel werde ich von den Menschen auch kontaktiert. Insofern warte ich auf den Anruf, aber wenn ich es vorher rauskriege, werde ich gratulieren. Ich vermute sehr, das ist ein bestimmter Chinese, der seit langer Zeit versucht, ein wichtiges Werk von Klimt zu kaufen, und nun hat er es geschafft, was ja schön ist. Ich freue mich für ihn. Wenn jemand Leidenschaft hat für ein Oeuvre, dann hat er den richtigen Moment abgewartet.

APA: Besteht nun aber nicht die Gefahr, dass das Werk nicht mehr öffentlich zu sehen sein wird?

Weidinger: Na ja, das war es vorher ja auch nicht wirklich, schließlich war es auch zuvor schon in Privatbesitz. Sollte sich mein Verdacht bezüglich des Käufers bestätigen, gehe ich davon aus, dass das Bild nicht in einem Lagerhaus in Genf oder London landet, sondern der Öffentlichkeit für Ausstellungen zur Verfügung stehen wird. Und für die Öffentlichkeit ist ja nicht relevant, wer ein Bild letztlich besitzt, solange es ausgestellt ist. Und das ist bei diesem sehr wichtigen Werk natürlich relevant.

APA: "Adele Bloch-Bauer II" ist nun nach dem kolportierten Verkauf der "Wasserschlangen II" 2015 für 170 Mio. US-Dollar das wohl zweitteuerste je verkaufte Klimt-Gemälde. Entspricht das in Ihren Augen auch seinem Status im Oeuvre von Gustav Klimt?

Weidinger: Ja. Das ist ein Werk, das gezeigt werden sollte, weil es das Hauptwerk eines wesentlichen Werkabschnitts von Klimt ist. Im Eindruck der Internationalen Kunstschau 1909 hatte sich sein ganzes Werk geändert. Er nimmt den Einfluss von Matisse mit hinein, er springt über seinen Schatten und lässt alles hinter sich. "Adele Bloch-Bauer II" steht für den letzten künstlerischen Höhepunkt in Klimts Leben.

APA: Sie bewerten das Bild höher als das ungleich bekanntere "Adele Bloch-Bauer I" vulgo die "Goldene Adele"?

Weidinger: Auf jeden Fall. Aus einer künstlerischen Perspektive malt Klimt "Adele Bloch-Bauer I" in einem Stil, der eigentlich schon vorbei ist. Ich will nicht sagen, es ist altmodisch. Aber er ist wie beim "Kuss" eigentlich schon hinter seiner Zeit. Es ist ein letztes Aufbäumen um zu visualisieren, was er wollte: Kunstgewerbe malen. Aber mit "Adele Bloch-Bauer II" wird Klimt wieder zum großen Maler. Das ist eines seiner besten Werke.

APA: Sind Sie dem Werk angesichts dessen Vorgeschichte mit dem Belvedere anders verbunden als sonstigen Klimt-Arbeiten?

Weidinger: Ich habe mich ja immer sehr für die Restitution eingesetzt. Ich gehe völlig wertfrei in den Diskurs und betrachte es wie jedes andere Werk auch – ob das einmal im Belvedere war, hat kunsthistorisch für mich keine Relevanz.

APA: Auf eine Chance für das Belvedere auf eine Leihgabe hoffen Sie aber dennoch?

Weidinger: Na sicher, selbstverständlich! Es ist immer besser, mit einer Einzelperson zu verhandeln als einem Konsortium. Aber zugleich muss man dem Käufer raten, so etwas dosiert zu machen. Wir haben es hier mit einem Bild zu tun, das schon aus materieller Sicht fragil ist. Da muss man sich jeden Transport gründlich überlegen. Aber für wichtige Ausstellungen kann ich mir das vorstellen. (Martin Fichter-Wöß, APA, 10.2.2017)