Mit Donald Trump hat der Kampf um die Realität den Weg auf die politische Vorderbühne gefunden. Hollywood hat mit Filmen wie Dr. Strangelove oder Wag the Dog hellsichtig wie so häufig das Drehbuch für die zukünftige Entwicklung geliefert. Angst und Schrecken erweisen sich immer noch als das beste Treibmittel politischer Blindgänger.

Hierzulande findet sich das Ganze wie üblich als Laienschauspiel wieder. Politische Akteure treten vor die Presse und erzählen, der Mond sei aus grünem Käse – wissenschaftliche Untersuchungen hätten das ergeben. Die Sicherheitsminister verkünden, die Kriminalität sei gestiegen, die Menschen fürchteten sich, die Bedrohung durch Terrorismus und – neu im Horrorkabinett – Staatsfeinde sei erheblich und fordere drakonische Gegenmaßnahmen.

Die an der Steigerung der Angstlust ihrer Leserschaft immer interessierten Medien nehmen solche Verlautbarungen auf, und schon fürchtet sich das regierungsamtliche Österreich öffentlichkeitswirksam und bastelt in trauter Runde mit den hauseigenen Sicherheitsexperten an neuen Maßnahmen zur Erhöhung der subjektiven und objektiven Sicherheit.

In entwickelten Demokratien bezieht die Auseinandersetzung über die Frage, was und wie groß ein politisch zu bearbeitendes Problem ist, nach wie vor datengestützte Analysen mit ein. Unabhängige Forschungseinrichtungen, Thinktanks, Unis nehmen sich akuter politischer Themen an, und im besten Fall verhindert das eine Politik im Blindflug, deren Maßnahmen wirkungslos und teuer, wenn nicht gar schädlich sein können. Diese Rationalitätszumutung ist dem neuen Regime natürlich ein Dorn im Auge, und so versucht man, dieser Wissenschaft den Hahn abzudrehen.

Die Mischung aus tiefsitzendem Antiintellektualismus und traditioneller Sorge um die Bewahrung der Staatsarkana – das Staatsbürgerpublikum möge gefälligst nicht werktätig vernünfteln und Auskunft oder gar Aufklärung verlangen! – hat Österreich vor solchen Zumutungen bewahrt und die politisch Verantwortlichen von der Bindung an überprüfbare Tatsachen befreit. Die universitäre Wissenschaft schweigt beharrlich zu politisch aktuellen Themen, die wissenschaftlichen Hauselfen indes liefern, was man von ihnen erwartet.

Und so können Minister mit Behauptungen hausieren gehen, die Trump-Diagnosen in nichts nachstehen. Will man sich fortschrittlich geben, lässt man eigene Initiativen evaluieren – natürlich von eigenen Leuten. Es soll ja nix Falsches dabei herauskommen. Versuche, den Schleier der Ignoranz zu lüften, scheitern nicht nur am mangelnden Interesse einer an solche Auseinandersetzungen nicht gewohnten zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit. In Chuzpe sehen sich Kritiker ausufernder staatlicher Eingriffe in die Privatsphäre im Namen vermeintlicher Sicherheitsprobleme mit dem Hinweis konfrontiert, man könne leider aus Gründen des Datenschutzes keine Daten für kritische Überprüfung zur Verfügung stellen. (Reinhard Kreissl, 1.3.2017)