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Menschen am Straßenrand freuen sich in Florida über den US-Präsidenten Donald Trump. Ob zielgerichtete Werbung ihre Wahlentscheidung beeinflusst hat, ist umstritten.

Foto: REUTERS/Jonathan Ernst

Die Aufregung war groß, als die Schweizer Zeitschrift "Das Magazin" vergangenen Dezember berichtete, dass das Unternehmen Cambridge Analytica aus Facebook-Profilen Psychogramme erstelle und diese dazu nutze, zielgruppenspezifische Werbung auszuspielen. US-Präsident Donald Trump habe Cambridge Analytica im Wahlkampf engagiert und mithilfe des Unternehmens die Wahl gewonnen, lautete die These des Artikels, der eine Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen von Daten im Wahlkampf auslöste.

Kritiker äußerten Benken, den Datenschutz betreffend. Wählerinnen und Wähler hatten das Gefühl, zu manipulierbaren Werbezielen gemacht zu werden, und einzelne Politiker begannen neu über ihre Kampagnen nachzudenken. Es wirkte, als sei eine Zeitenwende in der politischen Werbung angebrochen.

Beweise schuldig geblieben

Nach der Aufregung folgte aber recht rasch Ernüchterung. Bereits im Vorjahr gab es erste Zweifel am tatsächlichen Einfluss, den Persönlichkeitsanalysen auf den Wahlausgang haben können. Zielgruppenspezifische Wahlwerbung sei schließlich keine Erfindung von Cambridge Analytica – und den Beweis, dass ihre Arbeit den Ausgang von Wahlen entscheidend beeinflusst habe, sei die Firma bisher schuldig geblieben.

Im Dezember nahm ein Sprecher von Cambridge Analytica gegenüber "Wired" auch die Behauptung zurück, die Firma habe Daten von Facebook ausgewertet. "Wir verwenden keine Facebook-Daten", sagte der Sprecher. Man habe zwar mit der vorhandenen Wählerdatenbank der Republikaner und anderen käuflichen Daten gearbeitet. Facebook sei aber nicht im Spiel gewesen.

Das Analyseunternehmen wurde 2013 als US-Ableger der britischen SCL-Group gegründet, die sich auf Verhaltensforschung und strategische Kommunikation spezialisiert hat. Cambridge Analytica gehört dem Multimillionär Robert Mercer, der im US-Wahlkampf Trump massive Geldspenden zukommen ließ und zuvor auch schon die rechtsnationale Website "Breitbart News" finanziell unterstützte. Stephen Bannon, ehemaliger "Breitbart"-Chef und mittlerweile von Trump zum Chefstrategen im Weißen Haus ernannt, saß auch im Vorstand von Cambridge Analytica.

Keine Auswertung von Persönlichkeitsprofilen

Recherchen der "New York Times" und von "Buzzfeed" kommen nun zu dem Ergebnis, dass die Möglichkeiten des Unternehmens, Persönlichkeitsprofile für Wahlwerbung auszunutzen, übertrieben worden seien. Der "New York Times" haben zahlreiche hochrangige Republikaner und auch ehemalige Mitarbeiter von Cambridge Analytica berichtet, dass für die Trump-Kampagne gar keine Persönlichkeitsprofile ausgewertet wurden.

"Buzzfeed" fasst das Rechercheergebnis folgendermaßen zusammen: "Anstatt um einen finsteren Durchbruch politischer Technologie scheint es in der Geschichte von Cambridge Analytica eher um den traditionellen Konkurrenzkampf zwischen Beraterfirmen zu gehen. Und darum, neue Kunden zu gewinnen."

Beteiligung an Brexit-Kampagne dementiert

In Großbritannien hat der Datenschutzbeauftragte eine Untersuchung der Verwendung personenbezogener Daten im Wahlkampf gestartet. Angeblich soll Cambridge Analytica beziehungsweise dessen britische Mutterfirma bei der Brexit-Kampagne die Austrittsbefürworter unterstützt haben. Eine Aussage, die vom Unternehmenssprecher mittlerweile ebenfalls dementiert wird. Der Chef des Unternehmens hatte vor einigen Monaten noch das Gegenteil behauptet. (mka, 9.3.2017)