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In Großbritannien sind viele auch unglücklich mit der Trennung von der EU.

AP/Wigglesworth

Mit dem offiziellen EU-Austrittsantrag der Briten gemäß Artikel 50 EU-Vertrag brechen für die drei wichtigsten Institutionen der Union hektische Zeiten an (siehe Wissen). Die Verhandlungen verlaufen im Prinzip wie Beitrittsverhandlungen, nur mit dem entgegengesetzten Ziel: Tausende Rechtsakte und Bestimmungen, die die Verbindung des Landes mit der Gemeinschaft und die Einbindung in den Binnenmarkt betreffen, müssen Punkt für Punkt geklärt, auf finanzielle Konsequenzen geprüft werden, um eine Lösung zu finden.

Im Falle Großbritanniens ist das besonders gravierend. Es ist mit 64 Millionen Einwohnern, einer Wirtschaftskraft (BIP) von 2,8 Billionen Euro und der starken sicherheitspolitischen Rolle als Atommacht in Nato und Uno für die EU ein echtes Schlüsselland. Anders betrachtet: Die Union wird deutlich schwächer, verliert global an Bedeutung. Die Briten liefern zum Beispiel 25 Prozent aller Dienstleistungen in der EU. Das Land ist zwar nicht im Euro, zahlt aber fast ein Fünftel ins EU-Budget ein, netto knapp sechs Milliarden Euro pro Jahr. Die "Scheidungsverhandlungen" sind für beide Seiten riskant, wenn sie nicht gut laufen und viel Porzellan zerschlagen werden sollte. Angestrebt wird für die Zukunft "eine möglichst enge Beziehung", ähnlich den Modellen mit der Schweiz oder Norwegen.

EU-Sondergipfel Ende April

Am 29. April gibt es einen EU-Sondergipfel der Regierungschefs. Dabei werden die "Leitlinien" für die Brexit-Gespräche festgelegt. Die Einheit der EU-27 wird betont. Der Gipfel wird die Kommission beauftragen, die Verhandlungen zu führen. Präsident Jean-Claude Juncker hat dafür den französischen Ex-Kommissar und Ex-Außenminister Michel Barnier beauftragt. Sein Team trägt die Hauptlast. Die Union glaubt sich gut vorbereitet, kann "sofort loslegen", wie Ratspräsident Donald Tusk Anfang März sagte.

Dennoch ist der Zeitdruck sehr groß. Seit dem britischen Referendum im Juni 2016 sind neun Monate ungenützt verstrichen. Laut Vertrag hätte man zwei Jahre Zeit für ein Ergebnis. Aber der Brexit soll unbedingt rechtzeitig vor den Europawahlen im Mai 2019 exekutiert sein, das neue Parlament und die Kommission dann bereits ohne Briten angelobt werden. Das heißt: Das EU-Parlament müsste den Brexit-Vertrag bis März 2019 beschlossen haben. Er müsste schon im Herbst 2018 fertig sein, was Barnier anstrebt. Wenig Zeit für eine so "große Scheidung". (Thomas Mayer aus Rom, 29.3.2017)

Erste Pressekonferenz von Michael Barnier, Chefverhandler beim Brexit, vom 6. Dezember 2016.
Frédérick Moulin