International renommierter Pionier der 3D-Mikroskopie des molekularen Lebens: Thomas Marlovits.

IMP/Lukas Beck

Die komplexe Struktur des TBC-Transportprozesses konnte nun entschlüsselt werden.

IMP-IMBA

Wien – Es liegt wohl auch an ihrer Größe und den höheren Kosten, dass Teleskopen wie Hubble, Kepler oder Alma in der Wissenschaftsberichterstattung mehr Platz gewidmet wird als neuen Mikroskopen. Doch im Fall von Thomas Marlovits sind auch die Einblicke in kleinste Strukturen eine Erwähnung wert – zumal es sich auch um eine österreichische Erfolgsgeschichte handelt.

Der am IMP und am IMBA in Wien tätige Molekularbiologe und Biochemiker hat an diesen beiden Wiener Topforschungseinrichtungen seit Jahren Hochleistungsmikroskope für die Forschung weiterentwickelt. Aktuell arbeiten Marlovits und sein Team mit sogenannten Kryo-Elektronenmikroskopen und einer eigens entwickelten Software. Damit lassen sich auf molekularer Ebene kleinste schockgefrorene biologische Strukturen dreidimensional abbilden.

Wie TBC-Bakterien menschliche Zellen infizieren

Die jüngsten Beobachtungen von Marlovits und Kollegen erschienen am Montag im Fachblatt "Nature Microbiology": Sie konnten erstmals den molekularen Aufbau eines Transportsystems beschreiben, das bei Tuberkulose eine entscheidende Rolle spielt: Konkret geht es dabei um das sogenannte Typ-7-Sekretionssystem (T7SS), einen Komplex aus vier Eiweißen in der äußeren Zellmembran bestimmter Bakterien, zu denen auch der Tuberkuloseerreger gehört.

Mittels T7SS scheiden diese Bakterien Giftstoffe aus, was in einer nun erstmals entschlüsselten dreidimensionalen Struktur geschieht. Die Molekularbiologen wollen dieses Transportsystem nun vollständig verstehen, was wiederum die Grundlage dafür bilden könnte, diesen Prozess mit noch zu entwickelnden Wirkstoffen zu hemmen.

Berufung an die Uni Hamburg

Marlovits selbst wird an diesen Fragen in Hamburg weiterforschen: Er erhielt einen Ruf an das neue Centre for Structural Systems Biology (CSSB) der Uni Hamburg, wo er Professor und zugleich CSSB-Vizedirektor ist. Mit Marlovits' Expertise soll es in den nächsten Jahren zu einem internationalen Zentrum für Hochleistungsmikroskopie der Infektionsbiologie werden.

An den Mitteln wird es nicht scheitern: Wie dieser Tage bekannt wurde, bewilligte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) dem CSSB die Rekordsumme von 15,6 Millionen Euro zur Entwicklung von fünf Kryo-Elektronenmikroskopen.

Direkte Beobachtungen des molekularen Lebens

Für Marlovits ist das gut investiertes Geld, denn es handle sich dabei um "eines der revolutionärsten mikroskopischen Verfahren der Wissenschaft, das es uns nun ermöglicht, ,molekulares Leben' sprichwörtlich zu beobachten". Damit sollte es – siehe die neue TBC-Studie – wiederum möglich werden, die Grundlage vieler Krankheitsverläufe besser zu verstehen, um letztendlich etwas dagegen tun zu können. (tasch, 11.4.2017)