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Die Kämpfe zwischen der Arbih und der HVO breiteten sich auf die Herzegowina aus, insbesondere auf Mostar.

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In November 1993 wurde die Alte Brücke, das Wahrzeichen von Mostar, vom HVO zerstört (li). 2004 wurde sie wiederaufgebaut (re.).

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Im westlichen Teil von Mostar prangten Anfang April überall die als offizielles Symbol untersagten Flaggen der Pseudorepublik Herceg-Bosna, die vor 25 Jahren von kroatischen Nationalisten ausgerufen worden war. Die Idee, dass es für die Katholiken einen eigenen Landesteil geben sollte, ist heute so lebendig wie damals. In Bosnien-Herzegowina werden die alten Kriegsziele noch immer verfolgt.

Die Aktivistin und Journalistin Štefica Galić war die Einzige, die sich nun über die verbotenen Flaggen bei der Polizei beschwerte. "Aber die haben meine Anzeige nicht entgegengenommen, ein Polizist hat sogar versucht, mich zu schlagen", erzählt sie dem STANDARD. Die Flagge mit dem Schachbrettmuster erinnert viele an den Krieg in der Herzegowina.

Der damalige kroatische Präsident Franjo Tudman und der bosnische Präsident Alija Izetbegović hatten im Juli 1992 ein Abkommen zur militärischen Zusammenarbeit abschlossen, das garantieren sollte, dass bosnische Katholiken und Muslime gemeinsam gegen die Armee der bosnischen Serben (VRS) kämpften. Der Kroatische Verteidigungsrat (HVO), also Einheiten der bosnischen Kroaten, wurde der Armee von Bosnien-Herzegowina (Arbih) unterstellt. Doch der HVO war gegenüber der Regierung in Zagreb loyal, die Arbih gegenüber jener in Sarajevo. Bereits im Herbst brach in Zentralbosnien der Konflikt zwischen Kroaten und Bosniaken aus.

Kämpfer aus Golfstaaten

Viele Kroaten (etwa 17 Prozent der Bevölkerung) hatten Angst, von den Bosniaken dominiert zu werden, und beklagten sich über Schikanen. Für sie war auch die Ankunft von islamistischen Kämpfern aus den Golfstaaten, die an der Seite der Bosniaken in der Arbih kämpften, abschreckend. Manche Kroaten wollten innerhalb des Staates Bosnien-Herzegowina bleiben, manche einen Teil des Landes an Kroatien anschließen und manche ganz Bosnien-Herzegowina und Kroatien – wie unter den Ustascha – vereinigen.

Tudjman selbst schwankte in seiner Linie. Die Kämpfe zwischen der Arbih und der HVO breiteten sich auf die Herzegowina aus, insbesondere auf Mostar. Die Zagreber Regierung schickte Truppen und Sonderpolizei. Es kam zu wechselseitigen Angriffen und Morden an Zivilisten. Wegen des Konflikts konnte die Arbih keine Waffen mehr über Kroatien ins Land holen. Weil sich aber die USA zunehmend auf diplomatischer Ebene einmischten, konnte im Frühjahr 1993 das Washingtoner Abkommen den Konflikt beenden.

Heute fordert Dragan Čović, der Chef der bosnischen HDZ, einer nationalkonservativen Partei, für die Kroaten trotzdem immer wieder eine separate "dritte Entität" – analog zu Herceg-Bosna. Čović hat ein mächtiges Werkzeug in der Hand: Er könnte sogar die Wahlen 2018 verunmöglichen. Denn das bosnische Verfassungsgericht urteilte vergangenen Dezember, dass die Entsendung von Vertretern der "ethnischen Gruppen" (Bosniaken, Serben, Kroaten) ins Haus der Völker, eine Kammer des Parlaments des Landesteils Föderation, geändert werden müsse. Die bosnische HDZ will dort zahlenmäßig stärker vertreten sein und erreichen, dass praktisch nur HDZ-Mitglieder und keine anderen Kroaten entsendet werden.

Angst vor Kroatiens Veto

Falls das Wahlgesetz nicht bis Juni geändert wird, könnte es der Verfassungsgerichtshof ganz aufheben. Dann könnten gar keine Wahlen stattfinden. Die herzegowinische HDZ bekommt in der Sache Unterstützung von der regierenden HDZ in Zagreb. Diplomaten befürchten, dass Kroatien in der EU ein Veto gegen den Kandidatenstatus für Bosnien-Herzegowina aussprechen könnte, wenn das Wahlgesetz nicht geändert wird. Deshalb gibt es bereits Überlegungen, die Frage des Kandidatenstatus aufzuschieben. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 2.5.2017)