Trauer um die Opfer des Anschlags von Manchester.

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Das Konzert des Teenie-Idols Ariana Grande war seit Wochen ausverkauft. Tausende Kinder und Jugendliche hatten den Termin herbeigesehnt. Am Montagabend war es dann so weit, Grande begeisterte ihr Publikum. Der Attentäter, der sich nach dem Konzert inmitten der jungen Leute im Foyer der Veranstaltungshalle in die Luft sprengte, zielte genau darauf ab, die besonders Verwundbaren zu treffen; die Kinder, die Eltern, die Zukunft des weltoffenen Großbritanniens. Eine neue Qualität des islamistisch motivierten Terrors, der mittlerweile mit grausamer Regelmäßigkeit in Europa passiert.

Machtlose Sicherheitskräfte

Die Sicherheitskräfte sind gegen derartige Anschläge auf "weiche Ziele" in letzter Konsequenz machtlos. In Großbritannien kommuniziert man diese Tatsache mit ehrlichem Pragmatismus – anders als in Frankreich oder auch in Belgien, wo man suggeriert, dass nur die Anti-Terror-Gesetze ausreichend scharf sein müssen, dass nur die Kompetenzen der Behörden und der Polizei weitreichend genug sein müssen. Das Narrativ der britischen Regierung lautet hingegen: Wir können euch nicht versprechen, dass Anschläge immer verhindert werden können. Was wir tun, ist, uns so gut wie möglich darauf vorzubereiten. Die engmaschige Überwachung ist in London am ehesten gegeben, wo nach dem jüngsten Attentat vor dem Parlament in Westminster wieder massiv in Sicherheitsvorkehrungen investiert wurde. Manchester, in seiner Geschichte keineswegs von Terrorismus verschont geblieben, ist, ausgehend von einer Eskalationslogik, da ein "lohnenderes Ziel" für Attentate.

Brexit wird Sicherheitskonzept verändern

Fakt ist: Großbritannien kann nach diesem feigen Anschlag auf Kinder und Jugendliche nicht so leicht wieder zur Tagesordnung übergehen. Fakt ist auch: Die Nation steuert mit dem Austritt aus der Europäischen Union auch eine Situation an, die das Sicherheitskonzept sowohl der EU als auch Großbritanniens zumindest verändern wird. Viel wurde Ende März über den Satz in Theresa Mays Brexit-Brief an die EU diskutiert: Sollte kein Austrittsvertrag zustande kommen, könnte dies die "Kooperation im Kampf gegen Verbrechen und Terror schwächen". Erpressungsvorwürfe, die sofort im Raum standen, wurden damals von britischer Seite eilig zurückgewiesen. Doch noch ist völlig offen, wie beispielsweise eine weitere Zusammenarbeit mit der Polizeibehörde Europol nach vollzogenem Rückzug aus der EU aussehen könnte. Vor dem Hintergrund der aufrechtbleibenden Terrorbedrohung in Europa sollte das beidseitige Interesse, den vertraulichen Informationsaustausch weiter zu pflegen, aber groß sein.

Diese und andere sicherheitspolitische Fragen werden wohl auch im – vorerst eingestellten – Wahlkampf zum Urnengang am 8. Juni in den Vordergrund drängen. Am Ausgang der Wahl – die Umfragen sehen Theresa Mays Konservative in Führung – wird das nichts ändern. Perfiderweise "hilft" der Anschlag May sogar, lenkt er doch effektiv vom großen Aufregerthema der vergangenen Tage ab, May plane eine Reduzierung der Unterstützung für ältere Menschen. May gilt als frühere Innenministerin als glaubwürdige Kämpferin für die Sicherheit, während Labour-Chef und Konkurrent Jeremy Corbyn in der Anti-Terror-Diskussion keine allzu guten Karten hat; sieht er sich doch auch in diesem Wahlkampf mit dem Vorwurf konfrontiert, sich zu wenig deutlich vom IRA-Terrorismus der Vergangenheit distanziert zu haben. (Manuela Honsig-Erlenburg, 23.5.2017)