Christoph Chorherr (Archivbild) verwehrt sich gegen diese Form "der Kriminalisierung, sowohl meiner Person" aber vor allem auch der "wohlhabenden Spender".

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Neuerlich wird über den Heumarkt diskutiert, wenngleich in einem anderen Kontext. Im Mittelpunkt steht Christoph Chorherr (Grüne), Planungssprecher und Wiener Gemeinderat (seit 2010), sowie sein karitativer Verein, der von großzügigen Spenden von Finanzinvestoren, Banken oder Immobilienfirmen profitierte, wie der "Kurier" Mitte dieser Woche (25.10.) öffentlich machte.

Namens der Initiative Denkmalschutz brachte Anwalt Wolfgang List am gleichen Tag bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung ein. Damit verbunden sind auch Anträge auf Sicherstellung von Beweismaterial und Öffnung der Konten. Zusammengefasst geht es um Hunderttausende Euro und den Verdacht etwaiger Einflussnahme. Für Chorherr gilt die Unschuldsvermutung und er bestreitet etwaige Zusammenhänge vehement.

Subventionen der Stadt Wien

Die Optik ist jedoch eine missliche, insbesondere für eine Partei, die bislang gegen Unvereinbarkeiten wetterte und mit Korruptionsvorwürfen stets flott zur Stelle war. Denn in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Gemeinderatsausschusses für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung traf er auch Entscheidungen über Projekte "seiner" Spender.

Als Gemeinderatsmitglied stimmte er weiters über Förderansuchen seines 2004 gegründeten Vereins "s2arch_social and sustainable architecture" ab, der seit 2008 in Südafrika das Entwicklungshilfsprojekt "Ithuba" betreibt. Zumindest von 2012 bis inklusive 2015 wurde es von der Stadt Wien mit jährlich 50.000 Euro subventioniert. Laut Beate Meinl-Reisinger (Neos) habe sich Chorherr 2015 erstmals für "befangen erklärt", nicht jedoch in den Jahren davor.

Großspender auch aus London

Zu den Großspendern gehört seit 2011 die von Günther W. Havranek gegründete Steuerberatungskanzlei HFP, weiters die Bank Austria, von der seit 2010 bis inklusive 2017 "jährlich rund 100.000 Euro" kamen, so Chorherr. Als wichtigster Unterstützer gilt jedoch der Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger, der Großspender wie René Benko (Signa Holding) oder Steven Heinz (Lansdowne Partners) mobilisierte.

Heinz ist Begründer des erfolgreichen Hedgefonds Lansdowne Partners (London), der auch in Immobilienprojekte investiert. Ein dem STANDARD vorliegender Auszug eines Schriftverkehrs dokumentiert Hemetsbergers Kontaktaufnahme mit dem Hedgefonds und die von Lansdowne-Mitarbeiter eingeforderte Prüfung des "Ithuba"-Projektes durch die Organisation "Charities Aid Foundation", über die im April 2012 die Spende von 300.000 Euro an "s2arch" überwiesen wurde. Heinz sei begeistert vom Projekt "Ithuba" und unterstütze es bereits seit 2008 mit Spenden, sagt Sprecherin Helga Tomaschtik zum STANDARD.

Lizenzgebühr oder Spende

Wie Chorherr in einem aktuellen Blog-Eintrag erklärt, lernte er den "roten Willi" 2008 kennen. Im gleichen Jahr erwarb Hemetsberger Michael Tojners "Montana Capital Financial Service AG". "Als strategisches Investment" behielt Tojner einen Anteil von zehn Prozent, wie er in einer aktuellen Stellungnahme erklärt.

Bis zum Verkauf dieses Restanteils 2012 fungierte er auch als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. "Auf die Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens" habe er "keinerlei Einfluss" gehabt, auch nicht auf die Umbenennung in "Ithuba Capital AG".

"Der Name Ithuba ist Zulu und bedeutet "Möglichkeit". Er wurde inspiriert von unserer Verbindung zum Ithuba Skills College, einer Organisation mit mehreren Colleges in Südafrika, bei deren Aufbau und Betrieb wir mithelfen", heißt es auf deren Website.

Laut einem Börse-Express-Artikel zur "Karitativen Launchparty" im September 2009 sei fortan "eine jährliche Lizenzgebühr für den Namen fällig, womit" das Ithuba-Projekt finanziert würde. Sie belief sich zuletzt auf 100.000 Euro.

FPÖ: "Flächenwidmungs-Capo"

Die jährlich für das Projekt "Ithuba" anfallenden Kosten belaufen sich laut Hemetsberger tatsächlich auf etwa 500.000 Euro. Auf aktuelle STANDARD-Anfrage erklärt Christoph Chorherr, die genauen Kosten in den nächsten Stunden zusammen stellen zu lassen.

Er verwehre sich jedenfalls gegen diese Form "der Kriminalisierung, sowohl meiner Person" aber vor allem auch der "wohlhabenden Spender". Der Heumarkt-Befürworter betont neuerlich, es habe durch die Spenden weder Einfluss, noch Begünstigungen gegeben.

Ein Rendering zeigt die Planung für die umstrittene Neugestaltung des Wiener Heumarkt-Areals: SPÖ und Grüne stimmten im Gemeinderat dafür, die Opposition geschlossen dagegen.
Foto: APA/ISAY WEINFELD&SEBASTIAN MURR

Indes wird der Ton aus seinem politischen Umfeld schärfer. Kollegen aus dem Gemeinderat fordern eine vollständige Aufklärung und Wolfgang Zinggl (Liste Pilz) eine rasche Offenlegung der Spendenflüsse. FPÖ-Planungssprecher Toni Mahdalik pocht auf den Rücktritt "des grüner Flächenwidmungs-Capos". Vizebürgermeister Johann Gudenus legt dem Stadtrechnungshof eine Prüfung nahe und verlangt, die Heumarkt-Widmung neuerlich aufzurollen. "Daran führt kein Weg vorbei. Die Causa Chorherr muss in die Entscheidungsfindung mit einfließen".

Neos: "Unerhörte Verbandelung"

In der entscheidenden Gemeinderatssitzung vom 1. Juni stimmten SPÖ und Grüne für das Projekt "Heumarkt neu". Die Oppositionsparteien dagegen, wobei die für Stadtplanung und Stadtentwicklung zuständige ÖVP-Gemeinderätin Elisabeth Olischar entschuldigt war. Laut dem Sitzungsprotokoll hatte Beate Meinl-Reisinger damals die Verbindung von Hemetsberger und indirekt auch Tojner mit Chorherrs "Ithuba"-Projekt thematisiert. Eine "unerhörte Verbandelung", befand die Wiener Neos-Chefin. Und sie warnte, "das müssen Sie Ihren Wählerinnen und Wählern erklären. Dafür müssen Sie die Verantwortung übernehmen" und "dafür müssen Sie gerade stehen, sehr geehrte Grüne". (Olga Kronsteiner, 28.10.2017)