Andreas Schieder: "In Europa und auch in Österreich spürt man derzeit einen konservativ-nationalistischen Trend. Hier müssen wir mit einem eigenen Konzept und einer eigenen Wiener Identität eine klare Alternative sein."

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Schieder auf dem Weg ins Rathaus.

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STANDARD: Sie kandidieren in der Nachfolge von Michael Häupl als Wiener SPÖ-Chef. Wie kam es zu der Entscheidung?

Schieder: Ich habe meinem Entschluss verschiedene Überlegungen vorangestellt. In Europa und auch in Österreich spürt man derzeit einen konservativ-nationalistischen Trend. Hier müssen wir mit einem eigenen Konzept und einer eigenen Wiener Identität eine klare Alternative sein. Auch wenn man sich das Wien-Bashing, das von Sebastian Kurz (ÖVP) betrieben wird, ansieht, merkt man, es geht um viel. Wien ist eine wachsende Metropole mit vielen Herausforderungen.

STANDARD: Welche Probleme sehen Sie in Wien?

Schieder: Eine Großstadt bringt natürlich auch Probleme mit sich. Etwa dass viele Arme aus den Bundesländern nach Wien kommen, weil es hier ein gutes soziales Netz gibt. Diese Herausforderung gilt es, bestmöglich zu lösen. Aber auch, dass wir an großen Verkehrsknotenpunkten viel Obdachlosigkeit sehen und viele Menschen mit Suchtproblemen sich dort aufhalten. Trotzdem kommt der Winter, und wir wollen, dass niemand auf der Straße schläft. Wir müssen Arbeitsplätze schaffen, Unternehmen ansiedeln, aber auch für den Tourismus attraktiv sein. Die hohe Lebensqualität, die es in Wien gibt, ist nicht selbstverständlich. Es gilt aber, entgegen den Trends in anderen europäischen Städten, diese für die Wienerinnen und Wiener zu sichern.

STANDARD: Neben Ihnen bewirbt sich auch Wohnbaustadtrat Michael Ludwig um den Job. Wie stehen Ihre Chancen?

Schieder: Ich denke, dass ich sehr gute Chancen habe. Ich habe in den letzten Wochen viel Zuspruch bekommen. Von vielen SPÖ-Mitgliedern aus allen Wiener Bezirken, jung und alt. Ich glaube, ich kann in Wien mit der Wiener SPÖ gute Arbeit leisten.

STANDARD: Die Wiener Partei gilt als gespalten. Wird die Kampfabstimmung am Parteitag den Riss vergrößern?

Schieder: Ich wehre mich gegen den Begriff Kampfabstimmung. Es ist ein Diskussionsprozess, der in jedem Fall gut ist. Es geht um die Frage, wie wir die Stadt in Zukunft gestalten wollen, nicht um Lager. Ich lehne eine Einkastelung in links und rechts oder Innen- und Außenbezirke ab. Wir sind eine Partei.

STANDARD: Wie wollen Sie jene, die noch unentschlossen oder gegen Sie sind, überzeugen?

Schieder: Ich möchte in einen offenen Diskurs treten – mit allen in der SPÖ, allen Bezirksorganisationen und befreundeten Gruppen. Ich werde jede Einladung annehmen. Ich denke aber auch, dass ich mit dem, was ich bis jetzt alles erreicht und gemacht habe, mit meiner Erfahrung überzeugen kann.

STANDARD: Derzeit sind Sie geschäftsführender Klubchef im Parlament. Werden Sie diese Funktion und Ihr Mandat niederlegen?

Schieder: Jetzt geht es erst einmal um die Kandidatur als Landesparteichef. Ich denke, dass das mit meiner Funktion im Nationalrat vereinbar ist. Wenn es so weit ist, wird diese Frage aber geklärt. Als Wiener Parteichef werde ich mich natürlich voll und ganz auf Wien konzentrieren.