Karl-Heinz Grasser und seine Anwälte Norbert Wess (hinten) und Manfred Ainedter nach der Verkündung des Urteils, vor etwas mehr als einem Jahr.

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Wien – Karl-Heinz Grasser, Beschuldigter in der Causa Buwog und Ex-Finanzminister, probiert es wieder. Er will die schriftliche Ausfertigung des Buwog-Urteils, das Richterin Marion Hohenecker am 4. Dezember 2020 mündlich verkündet hat. Wie schon im September haben seine Anwälte Manfred Ainedter und Norbert Wess einen Fristsetzungsantrag gestellt. Sie beantragen beim Oberlandesgericht (OLG) Wien, dass er der Richterin eine "angemessene Frist" für die Ausfertigung setzt.

Mit ihrem ersten "Fristsetzer" waren sie abgeblitzt. Das OLG Wien hat im November entschieden, dass trotz der "verhältnismäßig langen Zeit", die seit der Urteilsverkündung vergangen ist, "keine Säumnis" vorliege. Begründet wurde das mit dem Riesenumfang des Akts, allein das Verhandlungsprotokoll umfasst 16.000 Seiten. zudem wurden die 15 Angeklagten gehört und rund 150 Zeugen. Die Überschreitung der "Sollfrist" für die schriftliche Urteilsausfertigung – sie beträgt vier Wochen – sei sachlich gerechtfertigt.

"Problematische" Rechtsansicht

Aus Sicht des Betroffenen sei diese Rechtsansicht "problematisch", halten Grassers Anwälte in ihrem neuen Antrag dagegen. Die Frist sei bereits "um elf Monate überschritten!", schreiben sie, was keinesfalls mehr hinnehmbar und zu rechtfertigen sei.

Als nächstes wird nun die Richterin eine Stellungnahme zum Antrat abgeben, dann ist wieder das OLG Wien am Zug.

Grasser, für den die Unschuldsvermutung gilt, wurde zu acht Jahren verurteilt, er wird das Urteil bekämpfen. Wegen der langen Verfahrensdauer wird er auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen, das haben seine Anwälte bereits angekündigt. Ermittelt wurde in der Causa ab 2009, die Hauptverhandlung hat drei Jahre gedauert. (Renate Graber, 9.12.2021)