Nun ist also auch Schweden in der traurigen Realität des 21. Jahrhunderts angekommen. Lange wähnte man sich in dem einstigen sozial- und demokratiepolitischen Musterstaat nämlich so gut wie immun gegen rechte Umtriebe im Stockholmer Reichstag. Nun haben die rechtsextremen Schwedendemokraten einen Fuß in der Tür zur Macht.

Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson ist nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses zurückgetreten.
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Dem nordischen EU-Land stehen politisch unsichere Zeiten bevor. Ob der knappe Sieg von Mitte-rechts eine stabile Regierung gebiert, ist nämlich alles andere als sicher. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson jedenfalls ist bei Bekanntwerden des Endergebnisses zurückgetreten. Schuld an der Niederlage ihres Wahlbündnisses trägt nicht nur der Reformstau, den ihre Regierung angehäuft hat. Für Arbeitslose etwa war zuletzt nicht mehr die Sozialdemokratie erste Wahl, sondern die Schwedendemokraten, die neben Xenophobie auch mit der Stärkung des siechenden Sozialwesens – nur für Schwedinnen und Schweden, versteht sich – hausieren gingen.

Ihr Aufstieg hängt aber auch mit dem starren Lagerdenken zusammen: Was ringsum längst zum pragmatischen Einmaleins im Koalitionshandwerk gehört, die Zusammenarbeit gemäßigter Parteien quer über Ideologiegrenzen hinweg nämlich, gilt in Stockholm bisher als Tabu. So sind es die Rechtsextremen, die sich als Mehrheitsbeschaffer für Mitte-rechts andienen. Dass ihnen an Stabilität liegt, ist zu bezweifeln. (Florian Niederndorfer, 15.9.2022)