"Hä? Was ist da los?", fragt eine Frau im achten Wiener Gemeindebezirk, als sie am Pfeilheim vorbeigeht. "Schau! Da ist der Alexander Van der Bellen!", sagt ihr Begleiter amüsiert, als er den Bundespräsidenten erspäht, der gerade hinter dem Grill des Wiener Würstelstands steht und für die zig Fotografen und Kamerafrauen den Käsekrainern und Co beim Brutzeln zuschaut. Neben ihm reicht sein Vorgänger Heinz Fischer einem Mann ein Bier aus der Budel. Wenn sich der amtierende Bundespräsident und der Altpräsident zu Mittag gemeinsam medienwirksam Hotdogs holen – dann ist Endspurt im Wahlkampf.

Bundespräsidenten am Grill.
Foto: APA/Eva Manhart

Dabei sind Van der Bellens Chancen gerade in der Josefstadt ausgezeichnet: Schon beim ersten Wahlgang schrammte er hier knapp an der absoluten Mehrheit vorbei, bevor er in der finalen Stichwahl 80 Prozent der Wählerinnen und Wähler im flächenmäßig kleinsten Wiener Gemeindebezirk für sich gewinnen konnte. Doch besagter Würstelstand bot sich für einen Medientermin natürlich an – wird er doch von Stefan Sengl, einst erfolgreicher Kampagnenleiter bei der Wiederwahl Fischers, mitbetrieben.

Ohne Stichwahl

Glaubt man Umfragen, kann Van der Bellen von einem Ergebnis um die 79,3 Prozent, die Fischer 2010 bei seinem zweiten Antritt erhalten hat, allerdings momentan nur träumen. Van der Bellen hofft jedenfalls, dass sich die Wahl schon am 9. Oktober entscheiden wird. Er also nicht in die Stichwahl muss. "Wenn mein Wunsch nicht erfüllt wird, habe ich aber genug Respekt vor der Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger. Dann kommt die Entscheidung vier Wochen später", erklärte der Präsident.

Fischer und Van der Bellen im Wahlkampf.
Foto: APA/Eva Manhart

Damit dieser nicht so lange darauf warten muss, rührte der Vorgänger bei einem Bio-Bosna-Hotdog die Werbetrommel: Er habe ein "klares Bild, wer das am besten macht", sagte Fischer, der seine Unterstützung für den Amtsinhaber bereits im Vorfeld kundgetan hatte. An Van der Bellen schätze er "seine Ruhe, seine Übersicht, seine Bereitschaft, für Fairness einzutreten", sagte er vor den Kameras. Van der Bellen habe die vergangenen sechs Jahre im Interesse des Landes – trotz multipler Krisen – gut gelöst. Außerdem habe er schon den "jungen Alexander Van der Bellen" in den 1970ern kennengelernt. Die beiden hätten sich immer gut verstanden. Ratschläge gab es von Fischer nicht: "Tipps braucht der Bundespräsident sicher nicht."

Allein konnten die beiden ihre Würste nicht essen.
Foto: APA/Eva Manhart

Eine erste Wahlkampfbilanz wollte Van der Bellen nicht ziehen. Er habe sich immer dabei zurückgehalten, seine sechs Konkurrenten zu kommentieren, betonte er. Nur so viel: Er "wundere" sich, mit welcher "Leichtfertigkeit" so manch Kandidat bestimmte Verfassungsbestimmungen wahrnehmen würde. Der Seitenhieb kann in Richtung Gerald Grosz verstanden werden: Dieser versprach, sollte er gewählt werden, die Bundesregierung zu entlassen. Van der Bellen kann das nicht nachvollziehen. "Das hat mich sehr irritiert." Schließlich habe die Regierung eine Mehrheit im Parlament, da müsse man sich über die weiteren Schritte und Folgen Gedanken machen. Österreich sei "keine Spielwiese". (Oona Kroisleitner, 30.9.2022)