Die Wiener Bauordnung wird 2023 wieder einmal novelliert, politische Begehrlichkeiten werden da natürlich geweckt.

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Im kommenden Jahr steht wieder einmal eine "politische" Novelle der Wiener Bauordnung auf dem Programm. Einige Bereiche, die Neuerungen unterzogen werden, sind schon bekannt, andere sind noch in Verhandlung. Am 9. und 10. November soll es eine große "Fachenquete" zur Novelle im Rathaus geben, zu der Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) bereits Einladungen verschickt hat. Medien waren nicht unter den Adressaten, denn die Veranstaltung sei, jedenfalls laut aktuellem Stand, "nicht medienöffentlich", sagte ein Sprecher von Gaál dem STANDARD.

Einige Expertinnen und Experten aus den verschiedensten Bereichen wurden aber bereits eingeladen. Diese hätten auf der Enquete "Gelegenheit, den Stand der Überlegungen zu erfahren und auch ihre Anregungen zur Bauordnungsnovelle als Fachexpert*in einzubringen", heißt es in der Einladung, die dem STANDARD vorliegt. "Wir würden uns sehr freuen, dort mit Ihnen in Diskussion zu treten und gemeinsam Lösungen für eine moderne Wiener Bauordnung zu entwickeln."

"Reiner Marketingschmäh"

Doch wie viel Diskussion es auf der Veranstaltung tatsächlich geben wird, ist offen. Peter Sittler, Wohnbausprecher der Wiener Volkspartei, befürchtet jedenfalls, dass es eher ein "zweitägiges Fachseminar zur Bauordnung" wird, das man hier offenbar vorhabe. "Wenn ich ein solches besuchen möchte, dann buche ich das bei einem Seminaranbieter, aber nicht bei der Wiener Stadtregierung." Die Bauordnung sei eine zu heikle Materie, um Änderungen "einfach durchzuwinken, ohne die Opposition und die Immobilienwirtschaft einzubinden", sagt Sittler dem STANDARD.

Man dürfe als Oppositionspartei offenbar "ein paar Fragen stellen", eine ernsthafte Einbindung sei aber nicht geplant. "Es geht um das Abnicken der jetzt schon geplanten Änderungen. Für einen reinen Marketingschmäh ist uns die Bauordnung aber zu schade."

Auch für VP-Planungssprecherin Elisabeth Olischar hat die Enquete "nichts mit Austausch und Miteinbeziehung zu tun". Der ÖVP sei in Aussicht gestellt worden, aktiv an der Debatte teilnehmen zu können, "jetzt dürfen wir als Zuhörer die Ideen der Stadt beklatschen". Daran sehe man, "wie ernst es die rot-pinke Regierung mit der Zusammenarbeit meint". Änderungsvorschläge zur Bauordnung habe man genug – und über diese würde man gerne eine "ernstzunehmende Debatte" führen, so Olischar.

Städtebauliche Verträge nicht auf dem Programm

Gar kein Programmpunkt ist etwa, jedenfalls nach dem vorläufigen Programm, den städtebaulichen Verträgen gewidmet, die 2014/15 mit der damaligen Bauordnungsnovelle eingeführt wurden. Unter dem Schlagwort "Transparenz und Mitbestimmung" würde die ÖVP darüber aber gerne diskutieren, ebenso wie über "Mitbestimmung von Bevölkerung und Bezirk" sowie über mehr Transparenz in der Verwaltung.

Beim letzten Punkt sorgte zuletzt auch eine Beantwortung einer ÖVP-Anfrage durch Gaál für gehörigen Unmut in der Volkspartei. Da wollten einige ÖVP-Abgeordnete, darunter auch Sittler, von der Wohnbaustadträtin wissen, welche Forschungsprojekte im Rahmen der Wiener Wohnbauforschung in den Jahren 2010 bis 2022 vergeben wurden, zu welchen Kosten und ob die öffentlich finanzierten Studien auch veröffentlicht wurden (und wenn nein, warum nicht).

Die Antwort der Wohnbaustadträtin fiel wenig zufriedenstellend aus. Es werden darin zwar die Titel sämtlicher seit 2010 finanzierter Studien genannt, aber zu den Kosten gab es keinerlei Angaben. "Eine Frechheit" nennt Sittler die dürftigen Antworten, und er hat deshalb Ende September neuerlich eine Anfrage gestellt.

Auch Grüne haben Wünsche

Bezüglich der BO-Novelle haben auch die Wiener Grünen bereits im Frühjahr dem Wohnbauressort ihre Vorschläge unterbreitet, sagt Planungssprecher Kilian Stark zum STANDARD. Grundsätzlich seien auch für ihn "mehr Informationen wünschenswert", was die Vorgangsweise bei der Novelle betrifft. Immerhin sind aber manche Punkte, die den Grünen sehr wichtig sind, auf der Fachenquete Thema – etwa "Klimaschutz und Klimawandelanpassung".

Bei Ersterem nennt Stark das Raus aus fossilen Brennstoffen als dringendes Thema, "das wir auch gerne vorziehen würden", es könnte dann schon Anfang 2023 in Kraft treten, meint Stark. Unabhängig vom derzeit auf Nationalratsebene in Endabstimmung befindlichen Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) würden die Grünen auch in der Wiener Bauordnung ein "Austauschgebot" für fossile Heizsysteme in bestehenden Wohnhäusern verankern.

In Sachen Klimawandelanpassung nennt Stark die bessere Regenwassernutzung als wichtiges Thema, das in der Bauordnung neu geregelt werden sollte. "Jetzt fließt der Großteil in den Kanal und bereitet uns dort Probleme", besser wäre es aus seiner Sicht, so viel Regenwasser wie möglich – auch im Bestand – vor Ort zu speichern bzw. zu verwenden.

"Stellplatzverpflichtung abschaffen"

Die Stellplatzverpflichtung gemäß Wiener Garagengesetz, die seit 2014 einen Stellplatz pro 100 Quadratmeter Wohnfläche vorsieht, sollte nach Ansicht der Wiener Grünen komplett abgeschafft werden. Und in Sachen städtebauliche Verträge wünschen sich auch die Grünen mehr Transparenz und eine verpflichtende Veröffentlichung sämtlicher Verträge.

Letztere sind aber, wie schon erwähnt, auf der Fachenquete kein Thema. "Qualitätsvolles und leistbares Wohnen" lautet der erste Programmpunkt, dabei soll es auch eine Evaluierung der 2018 eingeführten Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" geben. Außerdem sind Blöcke zu Kurzzeitvermietungen, zum "Masterplan Gründerzeit" (wo – wie berichtet – Abbrüche weiter erschwert werden sollen) und zu Verfahrensbeschleunigungen vorgesehen. (Martin Putschögl, 12.10.2022)