Der Semesterbeginn ist die Zeit, in der sich viele Studierende – und auch andere Menschen – ein neues Zuhause suchen. Und natürlich gibt es viele digitale Tools, mit denen man den Umzug einfacher gestalten kann. So haben wir an dieser Stelle zuletzt erklärt, wie man mit einem kostenlosen Tool die Einrichtung der eigenen Wohnung plant und worauf man bei der Installation smarter Heizkörper achten sollte. In diesem Artikel widmen wir uns nun der Frage, welche Einrichtungsgegenstände im 3D-Drucker hergestellt werden können und was dabei beachtet werden muss.

Um die Erwartungen niedrig zu halten: Ganze Möbelstücke oder gar Häuser, wie in Medien oft kolportiert, lassen sich in haushaltsüblichen 3D-Druckern für den Privatbereich nicht herstellen. Vielmehr geht es um kleine Gegenstände aus Plastik, die einen mehr oder weniger nützlichen Zweck erfüllen – wie etwa die hier abgebildeten Handtuchhalter für Heizungen aus grauem PLA. Das entsprechende Modell lässt sich einfach aus dem Web herunterladen und ist je nach Einstellungen in rund einer halben Stunde gedruckt.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Was braucht man für diese Projekte?

Was uns gleich zur wichtigsten Frage für dieses Vorhaben bringt: Was braucht man dafür eigentlich? Offensichtlich einen 3D-Drucker – in unserem Fall wurde uns freundlicherweise ein Exemplar vom Unternehmen Anycubic zu Testzwecken zur Verfügung gestellt, generell sind diese Geräte aber nicht mehr so teuer wie noch vor wenigen Jahren: Bei 3D Jake, einem Webshop der steirischen Niceshops GmbH, finden sich gute 3D-Drucker für mittlere dreistellige Beträge ebenso wie diverse Druckmaterialien.

Wer wiederum erst einmal experimentieren und noch nicht in eigene Hardware investieren möchte, der kann sich an diverse Makerspaces wenden – also Bastlerräume mit motivierten Communitys, die auch mit den entsprechenden Geräten ausgestattet sind. In Wien gibt es etwa das Happylab und Maker Austria, eine Auflistung von Makerspaces gibt es auf der Website der österreichischen Maker-Community.

Praktisch im Sommer: eine goldene Wespenfalle aus dem 3D-Drucker.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Als Nächstes stellt sich die Frage, woher die zu druckenden Modelle stammen sollen. Keine Sorge: Das Web ist voll davon. So finden sich alle hier vorgestellten Drucke auf der Website thingiverse.com – einer Plattform, auf der Designer ihre Modelle zum kostenlosen Download anbieten. Wer will, der kann den engagierten Kreativen auch etwas spenden.

Wird man im Web aber nicht fündig, so muss man selbst Hand anlegen und zu einem Programm für "computer-aided design" (CAD) greifen. Diese erfordern ein wenig Eingewöhnungszeit, wer aber in der Schule Fächer wie "Geometrisches Zeichnen" oder "Darstellende Geometrie" belegt hat, findet sich rasch zurecht. Empfehlenswert ist für diesen Zweck die Software Autodesk Fusion 360, die zwar eigentlich teuer ist, aber einen recht großzügigen Testzeitraum bietet. Ist dieser Zeitraum abgelaufen, gibt es kostenlose Alternativen: Im Test hat sich etwa Designspark Mechanical bewährt.

Auch das kann passieren: Dieser an mehreren Abenden in liebevoller Arbeit gestaltete goldene Bierhalter ist beim Druck auseinandergebrochen ... Na ja, jetzt habe ich halt eine goldene Vase. Mit Löchern.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Die aus dem CAD-Programm exportieren Dateien im STL-Format werden anschließend in einem sogenannten Slicer für den Druck vorbereitet. Denn während das CAD-Programm vorgibt, was gedruckt wird, wird im Slicer bestimmt, wie gedruckt wird: Hier können die Höhe der Schichten, die Dichte des Materials, die Drucktemperatur und ähnliches definiert werden. Ein in der Community beliebter und kostenloser Slicer ist Ultimaker Cura.

Und dann kann noch das Material gewählt werden, mit dem gedruckt wird – und hier sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Ich selbst habe die meisten meiner Einrichtungsgegenstände in schlichtem Weiß oder in Gold gedruckt. Doch in diversen Webshops gibt es auch fluoreszierendes Material, Holzimitate und Plastik, das bei Kontakt mit Wärme die Farbe ändert.

Thingiverse-Sucht

So stellt sich aber auch die Frage: Wozu das Ganze? Wo macht es wirklich Sinn, den 3D-Drucker selbst anzuwerfen, wann fährt man besser rasch in den nächsten Einrichtungsshop? Man muss die Community warnen: Thingiverse kann sich zu einer regelrechten Sucht entwickeln. Nicht selten ertappte ich mich dabei, wie ich nachts im Bett noch nach diversen Gegenständen suchte oder mich auf dem Klo sitzend durch die kuratierten Empfehlungen klickte, immer auf der Suche nach dem nächsten bekloppten 3D-Druck-Projekt.

Nicht alle dieser Objekte muss man selbst drucken. So habe ich etwa lange nach einem Schwammhalter für das Waschbecken in der Küche gesucht. Als ich schließlich ein Modell auf Thingiverse fand, war das Design äußerst minimalistisch, die Druckzeit wäre aber bei einem halben Tag gelegen. Da war es doch einfacher, um rund zehn Euro einen Schwammhalter im Shop zu kaufen.

Kosten-Nutzen-Verhältnis

Als Faustregel kann gelten: Objekte für die Wohnung auszudrucken macht dann Sinn, wenn sie schneller selbst heruntergeladen, vorbereitet und gedruckt sind, als ein Einkauf auf herkömmlichem Weg dauert – oder wenn es sie in dieser Form nicht im Handel gibt. Hier zeigt sich die Stärke der Thingiverse-Community: Viele der dort vorgestellten Objekte bedienen individuelle Geschmäcker und sind dabei so schräg, dass man sie in einem normalen Einrichtungshaus nicht findet. Und wer selbst zum CAD-Programm greift, kann das Objekt sowieso zu 100 Prozent nach den eigenen Vorstellungen gestalten.

Lange Druckzeit, viel Material: Hier entsteht ein Lampenschirm.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Und dann stellt sich überhaupt noch die Kosten-Nutzen-Frage. Denn entgegen der landläufigen Meinung ist das heimische Drucken von 3D-Objekten nicht gratis. Für den Drucker per se fallen entweder Anschaffungskosten oder Miete an, außerdem müssen Strom und Material bezahlt werden.

Wer es genau wissen möchte, der kann die Kosten pro Druck in einer Excel-Tabelle erfassen, indem Druckzeit und Materialverbrauch – beides verrät der Slicer – mit Stromverbrauch (findet sich in der Anleitung des Druckers) und mit den Materialkosten gegengerechnet werden. Ich habe das ausprobiert, sonderlich dramatisch ist es in den meisten Fällen nicht: Exklusive der Kosten für den Drucker bewegen sich die Kosten für Material und Strom bei kleinen Objekten meist im einstelligen Eurobereich. Einzig ein Lampenschirm, der über 25 Stunden lang gedruckt wurde und knapp 400 Gramm PLA benötigte, kostete mich letztlich knapp zehn Euro – da gibt es teils vergleichbare Angebote zum Kaufen, ohne dass man die entsprechende Arbeitszeit aufwenden muss.

Eine Frage der Anwendung

Und dann stellt sich bei jedem 3D-Druck-Projekt natürlich noch die Frage: Macht das wirklich Sinn und wird von Mitbewohnern angenommen, oder scheitert das gutgemeinte Projekt an der Anwendung? So mag man mich nun vielleicht penibel nennen – aber ich fand es eine wahnsinnig tolle Idee, einen Kühlschrankmagneten zu drucken, den man drehen kann, um anzuzeigen, ob der eigene Geschirrspüler gerade sauber oder dreckig ist.

Projekt gescheitert.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

Das Problem bei diesem Projekt: Wird es nicht konsequent von allen Mitbewohnern genutzt, dann ist das Tool freilich nicht nur nutzlos, sondern sogar kontraproduktiv. Die nachfolgenden Wochen haben wir mehrmals damit verbracht, uns zur korrekten Verwendung zu ermahnen – bis wir dann feststellen mussten, dass es einfacher ist, den Geschirrspüler aufzumachen und den Zustand des Inhalts selbst zu beurteilen.

Achtung, Brandgefahr!

Mit derartigen Rückschlägen muss man freilich leben, sie sind eher amüsant als ein großes Drama. Anders gestaltet es sich wiederum, wenn es um potenziell gefährliche Anwendungen geht. Denn die eigene Wohnung kann ein lebensfeindlicher Raum sein, wenn man Dinge wie Hitze und Elektrizität nicht im Blick hält.

Eier sind nicht zu heiß für PLA. Zum Glück.
Foto: Der Standard/Stefan Mey

So gilt es zu beachten, dass PLA – das im privaten 3D-Druck am häufigsten verwendete Material – ab einer Temperatur von 70 Grad erste Veränderungen aufzeigt und ab einer Temperatur von etwa 180 Grad schmilzt. Daher sollte es nicht mit heißen Töpfen oder etwa Glühbirnen kombiniert werden. An dieser Stelle möchte ich mich somit öffentlich bei dem Kollegen bedanken, der mich in letzter Minute davon abgehalten hat, mit dem zuvor erwähnten Lampenschirm aus PLA einen Hausbrand zu verursachen.

Selber bemalen: Eine Wissenschaft für sich

Hat man jegliche Zweifel und Risiken aus dem Weg geräumt und das Objekt gedruckt, so kann es aber sehr wohl einen Zweck erfüllen. Und wer nur einfärbig drucken und dem neuen Einrichtungsgegenstand einen zusätzlichen Charme verleihen will, der kann es freilich auch selbst bemalen. Hier zahlt es sich aus, sich an diversen Youtube-Tutorials zu orientieren und in gute Farben ebenso wie in Zeit und Geduld zu investieren. Halbwegs gelungen ist mir dies mit einem Handtuchhalter im "The Witcher"-Stil.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Brutal gescheitert bin ich hingegen beim Bemalen meiner R2D2-Halterung für den Smart Speaker.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Letzten Endes bestätigt sich hier, was unser Team immer wieder betont, wenn es um dieses Nischenteam geht: 3D-Druck ist nicht zwingend eine Geld- und mit Sicherheit keine Zeitersparnis. Aber es ist ein wunderschönes Hobby, bei dem man viel lernt und in eine faszinierende Community aus engagierten Kreativen eintaucht.

Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich war heute noch nicht auf Thingiverse und muss dringend einmal nachschauen, was es dort an Neuigkeiten gibt. (Stefan Mey, 15.10.2022)