Antiregierungsprotest auf dem Prager Wenzelsplatz.

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Mehrere zehntausend Menschen haben am Freitag in Prag erneut gegen die Politik der tschechischen Regierung und der Europäischen Union demonstriert. Auf der Rednerbühne waren vor allem der linke und der rechte Rand des politischen Spektrums prominent vertreten: Ansprachen hielten etwa die Vorsitzende der Kommunistischen Partei (KSČM), Kateřina Konečná, und der weit rechts stehende ehemalige Abgeordnete Lubomír Volný.

Die Demonstrierenden auf dem Prager Wenzelsplatz verlangten den Rücktritt der Mitte-rechts-Regierung von Premier Petr Fiala, protestierten gegen die aktuelle Teuerungswelle und forderten militärische Neutralität des Nato- und EU-Mitglieds Tschechien. Ex-Premier Jiří Paroubek, ein ehemaliger Sozialdemokrat, warnte in seiner Rede vor einer gerade erst beginnenden "großen Krise": Die Energiepolitik Prags und Brüssels gefährde hunderte tschechische Firmen, hunderttausende Menschen könnten in weiterer Folge auf der Straße landen, so Paroubek.

"Fünfte Kolonne Russlands"

Die Kundgebung vom Freitag ist bereits die dritte ihrer Art seit Anfang September. Schon die anderen beiden hatten sich auch gegen den prowestlichen Kurs der Regierung und deren politische Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine gerichtet. Auch diesmal wurde kritisiert, die Regierung befeuere durch Waffenlieferungen an die Ukraine den dortigen Krieg. Die Organisatoren firmieren unter dem Namen "Gewaltlose Revolution – Tschechien zuerst".

Premierminister Fiala von den konservativen Bürgerdemokraten (ODS) unterstützte am Freitag das Recht auf freie Meinungsäußerung im Rahmen von Demonstrationen, warnte aber vor deren gezielter Instrumentalisierung durch die Veranstalter. Harscher fiel die Reaktion von Innenminister Vít Rakušan von der liberalen Koalitionspartei Stan aus. Er bezeichnete die Organisatoren als "fünfte Kolone Russlands".

Eine ähnliche Demonstration mit etwa 5.000 Teilnehmenden gab es auch im südmährischen Brünn, der zweitgrößten Stadt Tschechiens. Das Land beging am Freitag seinen Nationalfeiertag, an dem der Gründung der Tschechoslowakei am 28. Oktober 1918 gedacht wird. (Gerald Schubert aus Prag, 28.10.2022)