Die neuen Gutachten würden "die Unrichtigkeit, der vom Land Burgenland ermittelten Liegenschaftswerte zeigen", versichert Michael Tojner.

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Die Ermittlungen gegen den Unternehmer Michael Tojner rund um die Wohnungsgenossenschaftsdeals Pannonia, Gesfö und Riedenhof sind im Herbst wieder einen Schritt weitergegangen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat nun zwei Sachverständige in Innsbruck mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, sie sollen eine Reihe von Immobilien bewerten. Dafür haben sie ein halbes Jahr Zeit bekommen, ihre Expertise soll also im kommenden Frühjahr fertig sein.

Die WKStA wirft Tojner und zahlreichen anderen Beschuldigten unter anderem schweren Betrug vor – und zwar rund um den Entzug der Gemeinnützigkeit für die Baugenossenschaften Pannonia, Gesfö und Riedenhof durch die burgenländische Landesregierung. Die Angelegenheit spielt zunächst zwischen 2008 und 2013, Tojner und die anderen Beschuldigten, zu denen Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und zwei große Wirtschaftsprüfungskanzleien zählen, sollen das Land im Rahmen des Entziehungsverfahrens über den Wert der Immobilien getäuscht haben. Verbände inklusive gibt es fast 40 Beschuldigte.

Betrugsvorwurf

Anzeige erstattet hat das Burgenland, das sich bei den Abschlagszahlungen für die ehedem gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften betrogen fühlt. Der Grund: Wird einer Genossenschaft die Gemeinnützigkeit aberkannt, so bekommt das Land Abschlagszahlungen (für die Förderungen), die sich am Immobilienwert bemessen. Den habe Tojner zu niedrig angesetzt und sich dadurch bereichert, so der Vorwurf, den Tojner bestreitet.

Die WKStA unterstellt ihm zudem, er habe sich die Wohnbaugesellschaften mitsamt den Immobilien in der Folge – allerdings über Treuhänder – angeeignet. Es sei zu Scheinangeboten und In-sich-Geschäften gekommen, zudem seien Jahresabschlüsse falsch gewesen. Tojner bestreitet alle Vorwürfe, er räumt nur ein, "wirtschaftliches Interesse" an den Transaktionen gehabt zu haben, wirtschaftlicher Berechtigter der eingebundenen Gesellschaften sei er aber nicht gewesen. Für ihn und alle anderen Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Alle Hände voll zu tun

Die nun bestellten Gutachter haben alle Hände voll zu tun: Sie müssen die Verkehrswerte einer ganzen Reihe von Liegenschaften per Ende 2013 feststellen und zudem auch erklären, ob später in diesem Zusammenhang erfolgte "Plausibilisierungen" von Tojners Beratern regelkonform erstellt wurden. Wobei es laut der Sachverständigenbestellung schon etliche Bewertungen gibt – allerdings seien die höchst unterschiedlich ausgefallen.

Tojner selbst begrüßt den Schritt der WKStA, wie er ausrichten lässt. Damit erfolge "endlich eine objektive Wertermittlung durch unabhängige Sachverständige", die neuen Gutachten würden "die Unrichtigkeit, der vom Land Burgenland ermittelten Liegenschaftswerte zeigen". In einem anderen Verfahren habe man das bereits durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen objektiviert und das Ergebnis den ermittelnden Behörden zur Verfügung gestellt, so ein Sprecher des Unternehmers.

Müssen PR-Berater aussagen?

Mit einem völlig anderen Strang der Angelegenheit wird sich demnächst der Oberste Gerichtshof (OGH) beschäftigen. Tojner hat ja am Landesgericht Eisenstadt Schadenersatzklage gegen das Burgenland eingebracht, er wirft ihm sinngemäß vor, Anzeige und Ermittlungen zur Gesfö-Causa an Medien geleakt zu haben. Zwecks Schadensbegrenzung habe er Anwälte und Medienberater engagieren müssen, die Kosten dafür will er ersetzt bekommen (DER STANDARD hat berichtet).

Als letzter Zeuge in diesem Zivilprozess sollte ein aufseiten des Burgenlands bzw. eines seiner Anwälte tätiger Litigation-PR-Berater aussagen – der verweigerte das aber unter Hinweis darauf, dass er (wie eine anwaltliche Hilfskraft) dem Anwaltsgeheimnis unterliege. Der Richter in Eisenstadt war anderer Ansicht und brummte ihm eine Strafe auf, gegen die sich der Berater beim Oberlandesgericht Wien beschwerte. Dieses kam quasi zur Ansicht, der Kommunikationsberater stehe unter Schutz der Rechtsanwälte und ihrer Hilfskräfte, er müsse also nicht aussagen. Diese – für die vielen von Litigation-PR-Beratern begleiteten Verfahren sehr relevante – Rechtsfrage wird nun der OGH entscheiden.

Das Burgenland hat Michael Tojner wegen Betrugsverdachts angezeigt, nun hat die WKStA Sachverständige bestellt. (Renate Graber, 23.12.2022)