Lange vor der niederösterreichischen Landtagswahl am kommenden Sonntag steht fest, wer das Land in den nächsten fünf Jahren regieren wird. Denn in Niederösterreich herrscht der Proporz: Die stimmenstärksten Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ sind künftig in der Landesregierung vertreten. Was Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner als besonders demokratisch verkauft, ist in Wahrheit ein Hemmschuh für fortschrittliche Politik.

Niederösterreich verdient eine moderne Demokratie.
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Denn Demokratie lebt von der Vielfalt – auch von der Vielfalt der Möglichkeiten. Kleine Parteien haben in Niederösterreich durch die Automatik keine Chance, an der Regierung mitzuwirken. Die Auswahl an möglichen Partnern würde fruchtbare Kompromisse ermöglichen. Umgekehrt bestünde ohne Proporz auch die Chance, eine menschenrechtsfeindliche Partei wie die FPÖ von Regierungsmacht fernzuhalten.

In der Realität lassen sich SPÖ und FPÖ bereitwillig in eine Regierung zwingen. Die Allianz ist nicht gewollt, sondern vorgeschrieben, Arbeitsübereinkommen oft Minimalkompromisse. Verweigert eine Partei die Zusammenarbeit, betreibt sie Opposition aus der Regierung heraus – auch wenn ihren Landesräten am Ende nichts anderes übrigbleibt, als die Beschlüsse der Mehrheit zu vollziehen.

Niederösterreich verdient eine moderne Demokratie. Dazu zählt eine frei zusammengestellte Regierung – und umgekehrt starke Kontrollrechte für die Opposition im Landtag. (Sebastian Fellner, 27.1.2023)