Nach der Gemüsekrise droht die Obstknappheit. Auch weitere Regale in britischen Supermärkten werden sich vermutlich leeren – nicht zum ersten Mal. In Erinnerung ist noch das Hühnerfleischfiasko von 2021. Wie immer hat das alles, sagt die Regierung, ganz sicher nichts mit dem Brexit zu tun. Auch die Opposition akzeptiert diese Erklärung weitgehend. Nur wenige fragen, wieso das schlechte Wetter in den Exportländern Spanien und Marokko, das allein verantwortlich gemacht wird, nicht auch Regale auf dem Kontinent leerfegt.

Labour hat sich mit der Lage abgefunden: "Make Brexit work" ist das Motto.
Foto: AP/Peter Byrne

2016 war die Lage so: Der konservative Premier David Cameron zog sein Land mit populistischer, aber letztlich unernster EU-Kritik unverantwortlich in den Brexit, Labour-Chef Jeremy Corbyn ließ Engagement für die Union vermissen. Eigentlich aber war die Linie der großen Parteien auf den EU-Verbleib fokussiert. Die Wählerinnen und Wähler sahen es anders.

Nun ist es umgekehrt. Premier Rishi Sunak ist im Würgegriff der EU-Feinde in seiner Partei, sogar für einen vernünftigen Deal zu Nordirland muss er den Kopf riskieren. Labour hat sich abgefunden: "Make Brexit work" ist das Motto. Die Liberaldemokraten, einst Träger des EU-Banners, wollen am Austritt nur möglichst unauffällig rühren. Zugleich erfreut sich "Rejoin" seit Monaten deutlicher Umfragemehrheiten.

Realistisch ist dies aus vielen Gründen nicht, eine pragmatische Annäherung an die EU aber schon. Dass die Parteien aus Trägheit diese Chance nicht ergreifen, ist eine Tragödie. (Manuel Escher, 26.2.2023)