Das 2021 beschlossene Mietzinsrechtliche Pandemiefolgenlinderungsgesetz sah eine Verschiebung der Anpassung der Mietrichtwerte von 2021 auf 2022 vor, und auch 2023 müsste laut dem Gesetz eine Anpassung stattfinden. Erst danach soll wieder der übliche Zweijahresrhythmus eingehalten werden.

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Wien – Kommt sie, die Mietpreisbremse, oder kommt sie nicht? Die Sitzung des Nationalrats an diesem Mittwoch ist jedenfalls eine der allerletzten Möglichkeiten, die im April anstehende Inflationsanpassung der Mietrichtwerte im halbwegs regulären Gesetzgebungsprozess noch zu vereiteln. Dazu müsste es aber einen gemeinsamen Antrag von ÖVP und Grünen geben. Der könnte dann noch in der laufenden Sitzung dem Bautenausschuss zugewiesen werden, der danach eilig einberufen werden müsste. Mit Sondersitzungen von Nationalrat und Bundesrat wäre die Änderung dann noch vor 1. April durchs Parlament zu bringen.

Nach STANDARD-Informationen wurde bis zuletzt verhandelt. Ob es nach dem gescheiterten Anlauf von vergangener Woche nun quasi in allerletzter Sekunde zur Einigung auf eine Vorgangsweise kommt, ist offen.

ÖVP wollte auch GrESt-Nachlass

Wie berichtet, stand man vor der Sitzung des parlamentarischen Bautenausschusses am vergangenen Donnerstag schon kurz vor einer Einigung auf eine Verteilung der 8,6-prozentigen Anpassung der Richtwerte auf zwei oder drei Jahre (das war noch offen; die ÖVP schlug jeweils 4,3 Prozent in 2023 und 2024 vor, die Grünen waren für zweimal 3,8 Prozent, und ein Prozent sollte bis 2025 mitgenommen werden), im Gegenzug sollte es einen Sanierungsbonus für Hausbesitzer geben. Die ÖVP wollte die Causa – jedenfalls nach Ansicht der Grünen – dann aber noch mit einem Entfall der Grunderwerbssteuer (GrESt) beim ersten entgeltlichen Kauf eines Eigenheims bis zum Wert von 500.000 Euro junktimieren. Die Grünen fühlten sich überrumpelt und gingen bei diesem Vorschlag nicht mit.

Man darf gespannt sein, ob die Regierung noch eine Einigung schafft und wie diese aussehen wird. Die von der ÖVP vorgeschlagene Aufteilung der Inflationsanpassung der Richtwerte auf die nächsten beiden Jahre wäre wohl die für Vermieterinnen und Vermieter noch verträglichste Variante. Denn die nächste reguläre Anhebung steht dann ohnehin erst 2025 wieder an; sofern man die Jahresinflationsrate für 2023 – vermutlich wieder rund sechs Prozent – dann nicht unter den Tisch fallen lässt, würde das keine richtige Deckelung bei der Inflation bedeuten, sondern eine reine Verschiebung der Anpassung, wie sie auch in der Vergangenheit unter SPÖ-geführten Regierungen bereits mehrmals vorkam.

SPÖ mit Antrag, ÖVP mit Kritik

Die Regierungsparteien werden also vielleicht einen Antrag einbringen, die SPÖ wird das ganz sicher tun. Jörg Leichtfried, der stellvertretende Klubvorsitzende, warf der Regierung am Dienstag vorsorglich schon einmal "absolutes Versagen" vor. Die ÖVP wolle nichts ändern, weil sie "vor der Immobilienlobby in die Knie geht", die Grünen "können es nicht", sagte Leichtfried.

Von der ÖVP kam postwendend Kritik: "Meint Leichtfried den Wiener Bürgermeister mit seinen Gemeindebauten, wenn er von der Immobilienlobby spricht?", fragte Generalsekretär Christian Stocker süffisant. Michael Ludwig (SPÖ), Bürgermeister von Wien, könne dort – bei den Gemeindewohnungen der Stadt – nämlich "als Eigentümer freiwillig auf die Mieteinnahmen verzichten".

Mattle für Bremse

Der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) forderte am Dienstag aber vom Bund die Mietpreisbremse. "Natürlich drängen wir in Gesprächen mit der Bundesregierung auf eine Einigung", sagte Mattle. Er merkte allerdings an, dass es in Tirol verhältnismäßig wenige Wohnungen mit Richtwertmieten gebe, die davon betroffen wären.

Und zur Junktimierung mit dem Wegfall der Grunderwerbssteuer sagte Mattle, dass eine Einigung "schon beides hergeben" müsse. Der Landeshauptmann hatte bereits zuvor wiederholt auf die Streichung der Steuer für das erste Eigentum gedrängt.

ÖHGB erinnert an 2021

Im Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) pocht man hingegen weiterhin auf Rechtssicherheit und also auf die Beibehaltung der aktuellen Gesetzeslage, die die Anhebung der Richtwerte im vollen Umfang der Inflation erlaubt. Präsident Martin Prunbauer wies außerdem darauf hin, dass das Mietzinsrechtliche Pandemiefolgenlinderungsgesetz (MPFLG), das 2021 die Anhebung der Richtwerte auf 2022 verschob und in dem explizit steht, dass es auch 2023 eine Inflationsanpassung geben solle, damals auch mit den Stimmen der SPÖ beschlossen worden war. Jener SPÖ also, die nun so vehement auf ein Aussetzen der Anpassung drängt. Damals war aber eben die hohe Inflation des Jahres 2022 von 8,6 Prozent noch nicht absehbar.

"Rein ideologischer Populismus"

Doch die hohe Inflation treffe eben nicht nur Mieterinnen, sondern auch Vermieter, sagt Prunbauer. Die Preise für Investitionen und Erhaltungsarbeiten seien inflationsbedingt spürbar gestiegen – die Geldentwertung treffe also nicht nur den Mieter, sondern auch den Vermieter. Ein Aussetzen der Wertsicherung wäre "rein ideologischer Populismus", meint Prunbauer.

Und aus seiner Sicht auch sachlich nicht gerechtfertigt, denn laut Statistik Austria sei der Warenkorb "Wohnen, Wasser, Energie" im Zeitraum Jänner 2021 bis Dezember 2022 gesamt um 20,9 Prozent angestiegen, die Untergruppe "bezahlte Wohnungsmieten" aber nur um drei Prozent. "Die Kostenexplosion liegt daher nicht an den Mieten", sagt Prunbauer. (mapu, 1.3.2023)