Alexander Schallenberg geht nicht auf die Forderung seiner slowenischen Amtskollegin Tanja Fajon nach einem Ende der Grenzkontrollen ein.

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Rijeka/Wien – Die slowenische Präsidentin Nataša Pirc Musar warnte Österreich davor, die Geduld ihres Landes im Grenzkontrollstreit weiter zu strapazieren. "Wenn wir uns nicht bald verständigen, befürchte ich, dass die erste Maßnahme eine Mitteilung an die EU-Kommission sein wird und entsprechende weitere Schritte innerhalb der Brüsseler Verwaltung sein werden", sagte Pirc Musar im APA-Interview. Nach acht Jahren wiederholter Verlängerungen habe Wien "überhaupt kein Argument" für die Grenzkontrollen.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat die slowenischen Wünsche abgeblockt. "Natürlich hätten wir auch gerne einen Schengenraum, der wieder das ist, was es sein sollte, nämlich ein grenzfreier Raum. Wir haben aber die Realität, dass zum Beispiel Deutschland gerade die Verlängerung seiner Grenzkontrollen gegenüber Österreich beantragte und dass wir gegenüber anderen Nachbarstaaten auch Kontrollen haben müssen", sagte er am Dienstag in Rijeka.

Migrationsthema sei Betroffenheitsthema

Schallenberg äußerte sich nach dem ersten trilateralen Treffen mit seinen Amtskollegen aus Slowenien und Kroatien. Er sagte, dass es im Schengenraum einen "Aspekt der Dysfunktionalität" gebe. In Österreich gebe es derzeit etwa 12.000 Asylanträge, im Vorjahr waren es laut dem Außenminister über 110.000 gewesen. "Wie kann es sein, dass Österreich im Zentrum des Kontinents die höchsten Asylzahlen pro Kopf hat", sagte Schallenberg. "Wie kann es sein, dass 75 Prozent dieser Asylbewerber nirgendwo registriert wurden", fragte er mit Blick darauf, dass Österreich von Schengen-Mitgliedern beziehungsweise von mit Schengen assoziierten Ländern umgeben sei.

"Was wir wollen, ist eine gemeinsame Anstrengung, eine gemeinsame Wahrnehmung", sagte Schallenberg in Richtung EU. "Das eigentliche Problem am Migrationsthema ist, dass es ein Betroffenheitsthema ist. Es sind immer zwei, drei Staaten betroffen, und die anderen schauen zu. So kann das nicht weitergehen."

"Slowenien bedauert die Entscheidung Österreichs, die Grenzkontrollen zu verlängern", wiederholte unterdessen die slowenische Außenministerin Tanja Fajon und bekräftigte die Position des Landes, dass es keine Argumente für die erneute Verlängerung gebe. "Wir werden über alle möglichen Mittel nachdenken, die uns zur Verfügung stehen", kündigte sie an.

Sicherung durch Frontex

Laut Präsidentin Pirc Musar habe das Land in den vergangenen Jahren gezeigt, "dass es geduldig sein kann und die Lösung von Problemen auf andere Art und Weise erreichen möchte". Die Grenzkontrollen sind laut der Präsidentin 16 Mal verlängert worden. "Als Juristin bin ich traurig, dass Österreich die europäische Rechtsordnung in diesem Punkt nicht respektiert", sagte sie. "Ich will keine weitere Sommersaison, in der die Menschen in der Blechschlange rösten, obwohl Slowenien und Österreich beide im Schengenraum sind und man über die Grenze brausen sollte", sagte die passionierte Motorradfahrerin. Den Kampf gegen illegale Migration könne man "mit weniger einschneidenden Maßnahmen" führen, beteuerte sie.

Fajon mahnte mit Blick auf die Binnenkontrollen von Österreich und weiteren Ländern, dass Schengen "auf der Bewährungsprobe" stehe. "Wir möchten das System erneuern, damit es wieder so funktioniert, wie die Menschen es kennen."

Die slowenische Außenministerin räumte ein, dass die Migrationszahlen auf der Westbalkanroute zunehmen. Für die Bewältigung der irregulären Migrationsströme und die Sicherung der Schengen-Außengrenze brauche es gemeinsame Lösungen auf EU-Ebene. "Ich bin überzeugt davon, dass sich niemand eine Situation wünscht, in der auch Slowenien zur Einführung von Binnenkontrollen gezwungen sein wird", so Fajon. Als mögliche Lösungen nannte sie neben der Erneuerung des Schengen-Systems auch die Hilfe von Frontex bei der Sicherung der Schengen-Außengrenze. (APA, red, 25.4.2023)