Das Urteil gegen den ehemaligen Chef der Staatssicherheit von Serbien, Jovica Stanišić, und seinen Stellvertreter Franko Simatović zeigt, welch langen Atem Opfer und Angehörige haben müssen. Denn es fiel 30 Jahre nach den Verbrechen gegen Kroaten und Bosniaken unter dem Regime von Slobodan Milošević – und 20 Jahre nach dem Prozessbeginn. Der Prozess in Den Haag offenbarte aber auch, wie essenziell die Kriegsverbrechertribunale für die Weiterentwicklung der europäischen Zivilisation sind. Aus der juristischen Aufarbeitung der Kriegsverbrechen in Bosnien-Herzegowina wird man zudem einiges für die Prozesse zu den russischen Verbrechen an Ukrainern ableiten können.

Verurteilt: Jovica Stanišić, ehemaliger Chef des serbischen Staatssicherheitsdienstes.
AP/Piroschka Van De Wouw

Mit Stanišić und Simatović wurden nun ganz am Ende doch noch zwei hohe Vertreter Serbiens verurteilt – eines Staates, der immer behauptete, er habe mit den Kriegen in den Nachbarstaaten nichts zu tun. Opferorganisationen in Bosnien-Herzegowina haben nun eine juristische Basis für weitere Klagen, bei denen es auch um Geld gehen könnte.

Die politische Führung in Serbien ist indes keinen Millimeter weiter. Außenminister Ivica Dačić sagte: "Ich bin sicher, dass Stanišić und Simatović keine Verbrechen begangen haben." Er kenne Ersteren als einen "seriösen und hochwertigen Mann", der in den 1990er-Jahren eine positive Rolle gespielt habe. Gerade Politiker wie Dačić zeigen, wie wichtig ein System ist, das Lügen und Zynismus das Recht entgegenhält. (Adelheid Wölfl, 31.5.2023)